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Streit um spanische Rüstungsverträge

Von Alexander Mathé

Politik

Die Staatschefs von Venezuela, Brasilien, Kolumbien und Spanien wollen künftig stärker zusammenarbeiten. Bei einem Gipfeltreffen im venezolanischen Guayana haben sie beschlossen, gemeinsam die Verbrechensbekämpfung in ihren Ländern zu koordinieren. Thema Nummer 1 war am Dienstag aber der Verkauf spanischen Kriegsmaterials an Venezuela.


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Konkrete Ergebnisse hat der Vierer-Gipfel nicht viele gebracht: Ein fünfseitiges Kommunique informierte am Ende über die Absicht, auf den Gebieten Terrorismus, Drogenhandel und Armut enger zusammenzuarbeiten. Doch überschattet wurde das Treffen vom geplanten Rüstungsgeschäft zwischen Spanien und Venezuela.

Die Befürchtung steht im Raum, der Handel könnte das Gleichgewicht in der Region empfindlich stören und das militärische Gut über Umwege in Hände kolumbianischer Rebellen gelangen. Die mutmaßlichen Kontakte zwischen der Guerilla und der Regierung in Caracas hatten bereits Anfang des Jahres zu einem gespannten Verhältnis mit Bogotá geführt. Kopfgeldjäger hatten den "Außenminister" der marxistischen revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), Rodrigo Granda, in Venezuela entführt und an Kolumbien ausgeliefert. Venezuelas Präsident Hugo Chavez brach daraufhin alle Kontakte zum Nachbarstaat ab.

Beim Gipfel aber feierten die Nachbarstaaten offiziell ihre Versöhnung. Somit waren auch die Vorbehalte gegen Waffenkäufe vom Tisch. Abfangjäger und Kriegsschiffe will Venezuela von Brasilien beziehen. Spanien soll Kriegsflugzeuge und -schiffe im Wert von 800 Mio. Euro liefern. Die BBC spricht sogar von 1,3 Mrd. Euro.

Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero musste für das Vorhaben in seiner Heimat heftige Kritik einstecken. Oppositionsführer Mariano Rajoy vom Partido Popular sprach von einem "monströsen Fehler" und einer "absoluten Verantwortungslosigkeit". Zapatero nahm die Vorwürfe gelassen: "Niemand kann Vorbehalte gegen den Verkauf von Fregatten äußern. Es ist eine Sicherheitsgarantie im Kampf gegen den Drogenhandel". Das Material sei für eine militärische Offensive nicht zu nutzen.

Auch den USA sind die Waffenkäufe Venezuelas ein Dorn im Aug. Erst kürzlich hatte sich das Ölland mit 40 russischen Militärhubschraubern, MIGs und 100.000 Sturmgewehren eingedeckt. Washington, das seinerseits Kolumbien mit High-Tech-Waffen beliefert, befürchtet, Venezuela könnte das Kriegsmaterial weiter an die FARC verkaufen. Chavez hatte Kontakte wiederholt dementiert.

Beim Gipfeltreffen ging Chavez in die Offensive. Er sieht in dem Treffen ein Zeichen, dass "eine neue geopolitische Landkarte" gezeichnet werde, die ein Gegengewicht zur Weltdominanz der USA darstelle. Auch Brasiliens Präsident Luiz Inacio "Lula" da Silva verbat sich fremde Einmischung: "Wir können uns um unsere Angelegenheiten selbst kümmern und den Terrorismus, den Drogenhandel und das organisierte Verbrechen allein bekämpfen". Er forderte eine Emanzipation von den USA .

Ob diese Botschaft zum richtigen Zeitpunkt kommt, ist allerdings fraglich, denn die USA hatten sich in letzter Zeit bemüht, die Wogen zu glätten: US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte Chavez trotz früherer Vorbehalte als demokratisch gewählten. legitimen Staatschef bezeichnet, mit dem man keinen Konflikt wolle.

USA setzen auf Argentinien

US-Präsident George W. Bush rief nach dem Gipfel überraschend seinen argentinischen Amtskollegen Nestor Kirchner an und brachte ihm seine große Sorge über die antiamerikanische Haltung der venezolanischen Regierung zum Ausdruck. Bushs Sprecher Scott McClellan erklärte, man habe über gemeinsame Strategien zur Stärkung der demokratischen Institutionen in Lateinamerika gesprochen. Bush hoffe auf den guten Einfluss Argentiniens, da die "Ratschläge befolgt werden", die das Land gibt. Kirchner sicherte Bush zu, Gespräche mit Venezuela zu führen. Er werde weiter enge Beziehungen mit Chavez pflegen, wenn er auch dessen anti-amerikanische Haltung nicht unterstützen werde.