Sozialministerin Elisabeth Sickl hat am Sonntag die Möglichkeit von Kassen-Vertragskündigungen durch einige Gebietskrankenkassen · namentlich die burgenländische und die Kärntner | Gebietskrankenkasse · in den Raum gestellt. Seitens dieser beiden GKK kam gestern ein Dementi. Eine Kündigungsdrohung wurde aber von der Steiermark bestätigt.
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Der steirische Ärztekammer-Präsident Wolfgang Routil bestätigte gestern eine Kündigungsdrohung des Kassenvertrages seitens der Gebietskrankenkasse. Die GKK habe in einem Schreiben an die
Ärztekammer Zustimmung zu ihren finanziellen und inhaltlichen Vorschlägen gefordert, erklärte Routil. "Sollte dies nicht der Fall sein, so sehen wir zur Bereinigung der derzeitigen Situation leider
keinen anderen Weg, als den Gesamtvertrag zu kündigen", zitierte die Kammer den von GKK-Spitzen unterzeichneten Brief. Routil sieht darin einen "Willkürakt" mit dem ab Anfang Juli ein vertragsloser
Zustand im Raum stehe. Denn seitens der Kammer hält man es für "formal denkunmöglich", bis dahin eine Einigung zu erzielen.
Der steirische GKK-Obmann Erwin Spindelberger sieht die Ärztehonorare als Knackpunkt. Seitens der GKK seien für 2000 die Abgeltung der Inflationsrate plus einige neue Leistungen angeboten worden. Das
Schreiben an die Ärztekammer, in dem mit der Vertragsauflösung gedroht wurde, sei im Hinblick auf die am Donnerstag tagenden Kurien verfasst worden.
Den Vorhalt der Ärztekammer, dass die Frist bei Ende März für ein Eingehen auf die Forderung zu knapp sei, will Spindelberger nicht gelten lassen: "Auch wir sind unter Zeitdruck". Deshalb habe man in
dem Schreiben ventiliert, "unter Umständen eine Vertragskündigung ins Auge fassen zu müssen". Damit sei aber noch nicht automatisch ein vertragsloser Zustand erreicht, der erst mit 1. Juli möglich
wäre, bei Anrufung des Bundesschiedsgerichts aber bis in den Herbst verzögert würde.
Ohne Kassenverträge
gibt es nur Ersatz
Sollte es tatsächlich zu Vertragskündigungen kommen, müssten die Patienten das Arzthonorar begleichen und dieses dann bei der Gebietskrankenkassa einreichen. Die Kostenersatztregeln sehen
eine Refundierung bis zu einer Höhe des letztgeleisteten Tarifs vor. Auf diese Höge gebe es keinen Rechtsanspruch, aber das sei bisher die Regel gewesen, heißt es im Hauptverband der
Sozialversicherungsträger. Nicht bezahlt wird die volle Höhe des Honorars, sollte dieses über jenem der bis zuletzt gültigen Vetrasregelung sein.
Gesundheitsgipfel
berät Finanzierung
Die Krankenkassen hatten im Vorjahr einen Abgang von insgesamt 3,375 Mrd., für heuer wird ein Defizit von 5,8 Mrd. Schilling erwartet. Die finanzielle Situation ist alles andere als rosig.
Um zu einer Bereinigung beizutragen, berät ein Gesundheitsgipfel · mit Vertretern aus dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger, der Gebietskrankenkassen, der Ärztekammer, der Apothekerkammer
und der Pharmaindustrie · Finanzierungsmaßnahmen.
Am Donnerstag findet eine weitere Gesprächsrunde statt, allerdings erwarten Teilnehmer keinen großen Diskussionsfortschritt. Die Lösungsvorschläge reichen von Erhöhung der Krankenkassenbeiträge, über
zweckgebundene Steuereinnahmen aus Tabak- und Mineralölsteuer bis hin zu Selbstbehalt, Erhöhung der Rezeptgebühren oder der sogenannten Krankenscheingebühr.
Kosteneindämmung erhofft man sich durch Verhandlungen mit der Pharmaindustrie und der Apothekerkammer. Die Medikamentenpreise seien in Österreich teilweise zu hoch.