Die IG Windkraft macht Druck für eine Sonderförderung für Windräder.
Wien. Der Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern des derzeitigen Förderungsmodells für Windkraftanlagen nimmt wieder Fahrt auf. Aktueller Anlass sind Verhandlungen über die Ökostromnovelle im Laufe dieser Woche und ein Mitte Mai anstehender Beschluss im Parlament.
Wegen der sinkenden Kosten der Windkraft sei es gerade jetzt sinnvoll, mehr in Windkraftprojekte zu investieren, sagt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft Österreich. Derzeit stehen 260 Anlagen in einer Warteschlange, die auf ihre Umsetzung warten. Zudem gibt es laut Moidl seitens der EU das Okay für ein Förderungssonderkontingent zwischen 57 und 91 Millionen Euro, um besagte Warteschlange abzubauen.
Um genau jenes Sonderkontingent herrscht seit geraumer Zeit ein Tauziehen zwischen den Regierungsparteien und den Grünen. ÖVP und SPÖ wollen laut Branchenkreisen möglichst wenig Sonderförderung springen lassen - ursprünglich nur einen niedrigen einstelligen Millionen-Betrag. Der Abbau der gesamten Warteschlange würde bei 108 Millionen Euro liegen.
Die Vertreter der Windkraft versuchen nun durch eine Studie der Technischen Universität Wien die Bedeutung der Windkraft und den richtigen Zeitpunkt für deren Sonderförderung zu untermauern. "Der Bau bringt hohe wirtschaftliche Impulse", sagt Moidl. Da die Förderung über die Stromrechnung der privaten Haushalte und der Unternehmen finanziert werde, werde der Bundeshaushalt nicht belastet. Die Errichtung der Anlagen würden dem Bund jedoch hohen Steuern und Abgaben bringen.
Laut André Ortner, Mitautor der TU-Studie, würde ein Ausbau der Windkraft nicht zu höheren laufenden Förderungen führen. Auch dann nicht, wenn das maximale Sonderkontingent von 91 Millionen Euro ausgereizt werden würde. Als Gründe dafür nennt er unter anderem, dass sich die Kosten- und Marktpreissituation für die Windkraft in den kommenden Jahren verbessern werde. Bei den Marktpreisen rechnet Ortner mit einem mittleren Anstieg, die Ausgleichsenergiekosten - jene Kosten, die die Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG) zahlen muss, wenn sie zu viel oder zu wenig Ökostrom liefert - würden sich an das niedrigere deutsche Niveau angleichen. Außerdem fielen Anlagen, die seit 13 Jahren bestehen, aus dem Fördermodell hinaus.
Große Bedenken
Die Wirtschaftkammer Österreich (WKÖ) ist zwar für den Ausbau der erneuerbaren Energie, hat bezüglich der Sicht der IG Windkraft aber zwei große Bedenken, sagt Stephan Schwarzer, Leiter Umwelt- und Energiepolitik in der WKÖ: "Wir bewegen uns hier im alten Fördersystem, die EU hat inzwischen ein neues System auf die Füße gestellt." Dieses werde in Deutschland bereits umgesetzt, und sei billiger. Außerdem bestünden über die Höhe des von der EU genehmigten Sonderkontingents unterschiedliche Auffassungen. Während die IG Windkraft mit 57 bis 91 Millionen Euro Sonderkontingent rechne, würden Juristen, die nicht für die Interessensvertreter arbeiten, von einer Summe knapp unter 40 Millionen Euro ausgehen. Die Berechnungsweise sei sehr komplex.
"Sollte man die genehmigten Fördergrenzen überschreiten, könnte das ganze System zusammenbrechen", sagt Schwarzer. Der Bau der Anlagen könnte im Falle eines negativen EuGH-Urteils zum Stillstand kommen, Unternehmen müssten im schlimmsten Fall Fördergelder zurückzahlen. Österreich sei wegen Beihilfen im Energiesektor schon öfter verurteilt worden, auch beim Ökostrom habe man schon Lehrgeld zahlen müssen. "Das ist ein riskantes Spiel, das man nicht ausreizen sollte", sagt Schwarzer.
Ruf nach Transparenz
Auch bei der Arbeiterkammer (AK) herrscht Skepsis bei der Anhebung der Fördersummen für Ökostrom - zumindest wenn es um die Frage geht, wer diese bezahlen soll. AK-Energieexperte Josef Thoman spricht sich vor allem gegen unwirtschaftliche und defizitäre Biogasanlagen aus. Gegen Investitionen in Wind-, Wasser- und Sonnenenergie spreche nichts, aber auch hier seien Verbesserungen notwendig. "Wer Förderungen erhält, muss der Regulierungsbehörde E-Control in seine Kosten- und Erlösstruktur Einschau gewähren", heißt es aus der AK. Nur mit fairen Tarifen könne Ökostrom ausgebaut und könnten auch Anlagen gefördert werden, die sich derzeit auf Wartelisten befinden - wie eben Windkraftanlagen.
Moidl verteidigt die Forderungen der IG Windkraft. Vor zehn Jahren seien mehr Windkraftanlagen gebaut worden, als heute. Über die Ökostromnovelle werde mittlerweilen seit vier Jahren verhandelt. Die Sozialpartner hätten immer gebremst und von ausufernden Ökostromförderungen gesprochen. Das sei volkswirtschaftlich und ökologisch kurzsichtig. Österreich müsse immer mehr Strom importieren, wodurch Wertschöpfung und Arbeitsplätze ins Ausland verloren gingen. So würden mittlerweile 300 Millionen Euro jährlich ins Ausland fließen, wodurch vor allem Kohlekraftwerke in Deutschland und Tschechien, aber auch Atomkraftwerke im benachbarten Ausland mitfinanziert würden.