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Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) sieht keine Wohnungsknappheit in Wien - Wiener Grüne und ÖVP schon.
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Wien. Knapp ein Jahr vor der Wiener Wahl überschlagen sich Rot und Grün beim Thema Wohnbau in Wien. Die Forderungen der Wiener Grünen vor ein paar Tagen, den Leerstand in Wien zu reduzieren und sogar die Enteignung anzudenken, forderte Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig heraus - und er präsentierte gestern, Donnerstag, ebenfalls seine Wünsche und Ergebnisse.
Für Ludwig gibt es keine Wohnungsnot in Wien und eine Leerstandsabgabe sei momentan nicht notwendig. Der vor zwei Jahren in einer Studie berechnete Leerstand von rund 30.000 Wohneinheiten in Wien falle nämlich unter "Mobilitätsreserve". Ganz so unproblematisch dürfte das Thema aber doch nicht sein. Denn die Stadt hat vor kurzem eine neue Studie in Auftrag gegeben. "Sollten wir dann sehen, dass der Leerstand bedenklich gestiegen ist, können wir uns Maßnahmen überlegen", so Ludwig. "Derzeit schließe ich nichts aus", sagte er. Und weiters: "Enteignung" sei kein positives Schlagwort, er halte wenig bis gar nichts davon.
Der Stadtrat versuchte demnach am Donnerstag, die Debatte zu kalmieren: Die Neubauleistung in Wien befände sich auf Rekordniveau. Im Jahr 2014 seien 7273 Wohnungen gebaut worden. Damit hätten rund 20.000 Wiener ein neues Zuhause bekommen. Zufällig jene Zahl, die immer wieder bei der Anzahl des jährlichen Zuwachses in Wien genannt wird. Aus dem Büro der Wiener ÖVP hieß es dazu nur: Die Rechnung könne sich nicht ganz ausgehen. Immerhin seien die meisten dieser 20.000 Personen Singles.
Jenseits der Wiener SPÖ wird von Wohnungsnöten gesprochen. Allein auf der Warteliste von Wiener Wohnen befinden sich laut ÖVP rund 30.000 Menschen, die auf eine Wohnung warten würden. "Wir brauchen nicht nur 7000, sondern 10.000 Wohnungen pro Jahr", sagte Norbert Walter, Wohnbau-Sprecher der Wiener ÖVP, zur "Wiener Zeitung". Die Stadt habe genügend Reserven, sie müsste Flächen mobilisieren, tue das aber nicht. "Zur Wahl hin wird viel gebaut, dann nicht mehr", so Walter.
Leerstand Gemeindebau
Für Ludwig läuft die sogenannte Grundstücksbevorratung aber gut. Man habe reichlich vorgesorgt. Er räumte jedoch ein, dass es immer schwieriger werde, zusätzliche Grundstücke zu bekommen. "Niemand trennt sich momentan von seinem Grundstück." Denn das "Betongold" bedeutet Sicherheit. "Ich kann verstehen, wenn man sein Geld nicht auf die Bank legt, wo es immer weniger wird, sondern lieber in Grundstücke investiert", sagte er.
Die Grünen kennen hier weniger Pardon. Das Spekulieren mit Eigentum sei ein großes Problem. Ein hoher Prozentsatz des Leerstandes gebe es aufgrund von Spekulation. Sie fordern radikalere Maßnahmen. Ludwig hat bereits seine Maßnahmen gesetzt, wie er sagte: Er würde Spekulation mit den befristeten Widmungen und der eigens eingeführten Widmung für den geförderten Wohnbau bereits begegnen.
Der Leerstand von Wohnungen und Lokalen spielt sich jedoch nicht nur im privaten Bereich ab. Auch bei den Gemeindewohnungen und den genossenschaftlichen Wohnungen gibt es das. Eine genaue Zahl konnte der Stadtrat nicht nennen. Eine Überprüfung sei sehr schwierig. Es gebe Fälle, in denen jemand einen Zweitwohnsitz hat und die Wohnung nicht so häufig benutzt. Das aufrechte Mietverhältnis zähle.
Solange es demnach ein aufrechtes Mietverhältnis gibt, kann die Wohnung für vieles, etwa als Lager, oder auch gar nicht benutzt werden. Viele heben die Wohnung etwa auch für ihre Kinder auf und erst nach jahrelangem Leerstand, wenn die Kinder dann doch nicht einziehen wollen, wird sie zurückgegeben. Für die Wiener ÖVP ist das ein Problem. "Das erweiterte Eintrittsrecht für Nichten und Neffen etwa halten wir für problematisch", so Walter. Er plädierte für eine Abschaffung.
Das Festhalten an einer günstigen Miete scheint aufgrund der steigenden Mietpreise verständlich. Die Mieten steigen aber laut Ludwig nicht generell, sondern vor allem im privaten Bereich. Er fordert erneut mehr Transparenz und Rechtssicherheit beim Mietrechtsgesetz. Dieses wird nächste Woche im Wohnbauausschuss des Bundes verhandelt.
In Wien gibt es 980.000 Wohnungen. Rund 50 Prozent davon sind Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen. Ludwig versprach weitere 100 Millionen Euro für den Wohnbau und zusätzliche 1800 Wohnungen.