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Streitautomatik

Von Simon Rosner

Politik

Wenn der Begriff Pensionen fällt, geraten die Regierungsparteien sofort aneinander.


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Wien. Durchatmen, alles geht vorbei, auch ein SPÖ-Parteitag. Dass die zwei Regierungsparteien in jüngerer Zeit eher den Dissens in den Vordergrund gestellt und einander auch Unfreundlichkeiten ausgerichtet haben, wird mit der bevorstehenden Wiederwahl Werner Faymanns als Parteichef am Freitag erklärt. Danach ist wieder Zeit für gelebte (oder zur Schau gestellte) Einigkeit wie zuletzt bei der Regierungsklausur.

Das Thema Pensionen entzweit SPÖ und ÖVP allerdings nicht erst seit jetzt, schon im Wahlkampf hatte Michael Spindelegger laut über eine frühere Angleichung des Frauenpensionsalters nachgedacht, nun geht es um die Pensionsautomatik. Wegen der steigenden Lebenserwartung und der damit verbundenen Mehrausgaben soll das gesetzliche Antrittsalter schrittweise angehoben werden, automatisiert, fordert Vizekanzler Reinhold Mittlerlehner.

Faymann lehnt dies entschieden ab, er begleitete seinen Sozialminister Rudolf Hundstorfer am Mittwoch zur Präsentation des aktualisierten Langfristgutachtens der Pensionskommission. Das war insofern bemerkenswert, da der Kanzler nur selten Pressekonferenzen seiner Minister und Ministerinnen besucht. Dies war also eine Ausnahme, das Thema Pensionen ist für die SPÖ auch von hoher Bedeutung.

Uneinigkeit herrscht zwischen den beiden Parteien auch über die Interpretation des Gutachtens, das nur knapp von der 29-köpfigen Kommission angenommen wurde (15:12, zwei Enthaltungen). Bei der Wirtschaftskammer, der politischen Heimat Mitterlehners, "schrillten die Alarmglocken", Hundstorfer sprach dagegen von einer "langfristig weitgehend stabilen" Entwicklung.

Bundesbeitrag steigt

Die aktualisierte Version des Langfristgutachtens unterscheidet sich nicht signifikant von jener des Vorjahres, zumal der Blick ins Jahr 2060, und so weit reicht die Berechnung, vielen Variablen unterworfen ist. Es ist aber jedenfalls ein kontinuierlicher Anstieg des Bundesbeitrags zu erwarten, also der Differenz zwischen Einzahlungen und Auszahlungen ins Pensionssystem, die aus dem Budget bestritten wird. Derzeit liegt sie bei 2,5 Prozent des BIP, bis 2060 würde sie beim angenommenen Szenario auf 5,1 Prozent ansteigen.



Debatte um Erhöhung des Pensionsalters |Create Infographics

Dass sich Österreich einen solchen Anteil leisten könnte, ist relativ unstrittig. Aber ebenso, dass es nicht gerade wünschenswert wäre. "Dann fehlt uns Geld für Bildung, Forschung und Investitionen und damit für die jüngere Generation", sagt Mittlerlehner. Zwar entwickeln sich, wie Hundstorfer einwirft, die ebenfalls vom Bund zu bezahlenden Beamtenpensionen positiv, was sich entlastend auf das Budget auswirkt. Es gibt allerdings auch belastende Faktoren: Durch die demografische Entwicklung werden vermutlich die Ausgaben für Gesundheit und Pflege steigen, durch andere Durchrechnungszeiträume und die hohe Teilzeitquote in Österreich ist zu erwarten, dass auch mehr Sozialtransfers für Pensionisten notwendig sein werden.

International ist die Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters ein durchaus angewandtes Mittel, um das Umlagesystem systemisch abzusichern. Und es klingt ja auch logisch: Länger leben, länger Pension beziehen, also auch länger arbeiten. Die Angelegenheit ist freilich etwas komplexer, vor allem spielt sie in den Arbeitsmarkt hinein. Wer länger arbeiten muss, braucht ja auch einen Job, und die erst kürzlich präsentierte Bevölkerungsprognose zeigt, dass der erwartete Arbeitskräftemangel (aufgrund niedriger Geburtenjahrgänge) durch mehr Zuwanderung nun doch nicht so dramatisch ausfallen wird.

Die Regierung hat sich in ihr gemeinsames Vorhaben geschrieben, den Anteil der arbeitenden Frauen und Männer in den fünf Jahren vor dem gesetzlichen Antrittsalter bis 2018 deutlich zu erhöhen, laut Wifo-Ökonomin Christine Mayrhuber ist man jedoch vom Pfad deutlich abgekommen.

Belastungen für Arbeitsmarkt

Nur die Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters schafft aber noch keine Jobs für Ältere. Viele würden einfach länger arbeitslos sein und also ebenfalls aus dem Budget finanziert werden. Und dann ist die Frage, ob es den Menschen überhaupt möglich sein wird, länger zu arbeiten. Zwar bleiben sie auch länger gesund, das ist ein Fakt, aber wie hoch ist die Leistungsfähigkeit? Ein Ansatz wäre, die Lebensarbeitszeit konstant zu halten, sie aber anders aufzuteilen. Das heißt länger im Job zu bleiben, dafür kürzer zu arbeiten. Womit man beim Thema Arbeitszeitverkürzung ist, die wiederum bei der ÖVP absolut tabu ist. Es ist eben eine komplexe Geschichte und die Alternativen sind auch nicht attraktiv.

Man könnte nämlich auch an der Pensionshöhe schrauben, was durch die Ausweitung der Durchrechnungszeiträume bereits passiert ist. Mehr geht kaum. Oder man passt die Pensionen nur gering an. Auch das ist schon getan worden und bringt budgetär sogar kurzfristig mehr, doch weil die Pensionsdauer steigt, ist das problematisch. Nulllohnrunden schreiben sich fort und haben Wertverluste der Pensionen zur Folge.

Man könnte auch die Beiträge erhöhen. Aber soll das mehr Netto vom Brutto, das durch die Steuerreform herauskommen soll, gleich in höhere Beiträge fließen? Undurchsetzbar. Also bleibt als Stellhebel praktisch nur das Antrittsalter übrig, will man den Bundesbeitrag im Zaum halten. Als singuläre Maßnahme könnte es dennoch zum budgetären Nullsummenspiel werden.