)
Der jüngste Koalitionsstreit kam unerwartet - rein inhaltlich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Über Pfingsten zeigte sich nicht das Beste aus zwei Welten. Stattdessen gerieten die zwei Welten, die derzeit Österreich regieren, aneinander. Dabei liegen Türkise und Grüne in Sachen Corona-Management inhaltlich nicht so weit auseinander, wie es scheint. Weder fordert die ÖVP die sofortige Aufhebung aller Einschränkungen noch der Gesundheitsminister eine Beibehaltung ad infinitum. Das geht aus dem Gesagten in der Vorwoche eindeutig hervor. Kanzler Sebastian Kurz etwa betonte explizit, dass "wir nicht leichtsinnig werden". Und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sagte wörtlich: "Über die Maskenpflicht outdoor werden wir reden können."
Dass über Pfingsten dennoch beide Seiten in den koalitionären Kampfmodus wechselten, sich erst Mückstein über Aussagen von Kurz öffentlich "verwundert" zeigte, ehe die Türkisen gegen den Gesundheitsminister ausrückten, lässt nur den Schluss zu: Die beiden Parteien wollen offenbar streiten. Mag sein, dass die ÖVP den bisher folgsamen Gesundheitsminister, der im Gegensatz zum Vorgänger nicht einmal Solos bei Pressekonferenzen unternimmt, beim ersten Widerstand gleich einmal in die Schranken weisen wollte. Mag sein, dass Mückstein die erste echte Gelegenheit beim Schopf packen wollte, sich auf Kosten des Koalitionspartners als Mann der Maßnahmen profilieren zu können. Wahrscheinlich war es ein wenig von beidem.
Zahlreichen Reaktionen auf Social Media war jedenfalls zu entnehmen, dass dieser Konflikt zu Pfingsten die jeweiligen Fanlager erfolgreich bedient hat. Eventuell war das ja auch sein Zweck. Es ist allerdings auch gut dokumentiert, dass in Österreich parteipolitische Streitigkeiten in der Breite selten auf reißende Begeisterung treffen. Und es ist auch legitim, von einer Regierung, zumal in einer Krisenzeit, zu erwarten, dass sie unterschiedliche Interessen ordentlich moderiert und Problemstellungen sachlich diskutiert.
Im konkreten Fall geht es um eine Passage in der Öffnungsverordnung, die so ausgestaltet ist, dass (auch kleinere) organisierte Zusammentreffen im Freien durch die Vorschriften massiv erschwert werden. Das betrifft die Grillerei des Fischereivereins ebenso wie das Grätzl-Kulturfestival im Park. All das darf stattfinden, aber unter Regeln, die nicht sehr lebensnahe sind. Es wäre aber rechtlich kaum haltbar, Gastronomie und Fitnesscenter zu öffnen, Veranstaltungen hingegen weiterhin zu verbieten. Man hat daher den Umweg über Regeln genommen, die das Veranstalten sehr erschweren. Das ist epidemiologisch nachvollziehbar, da ein Feuerwehrfest eben heikel ist. Eine Dauerlösung ist so ein legistischer Umweg nicht. Warum aber das eigentlich gut erklärbare Dilemma nicht seriös öffentlich debattiert, sondern parteipolitisch erstritten werden muss, wissen nur ÖVP und Grüne. Es ginge anders jedenfalls auch.