Zum Hauptinhalt springen

Streitfall ÖIAG-Aufsichtsrat

Von Karl Leban

Wirtschaft

Die SPÖ will eine Besetzung nach dem Proporz, die ÖVP beharrt auf einem "entpolitisierten" Kontrollgremium.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Zwischen den Regierungsparteien kracht es wieder einmal. Es geht um eine politisch brisante Detailfrage zur geplanten Reform der Staatsholding ÖIAG - konkret um den zukünftigen Bestellmodus für deren Aufsichtsrat. Während die SPÖ auf Wiedereinführung einer Besetzung nach dem Proporz pocht, will die ÖVP vom bisherigen Prinzip der Selbsterneuerung des Gremiums auf keinen Fall abrücken.

Derzeit ist es so, dass sich der ÖIAG-Aufsichtsrat auf Seiten der Kapitalvertreter mit Experten aus Industrie und Wirtschaft immer wieder selbst erneuert - unabhängig von politischer Einflussnahme. Diese "Entpolitisierung" geht noch auf die frühere schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel zurück.

Dass die ÖVP in der Streitfrage Aufsichtsrat auf stur schaltet, soll mit ein Grund gewesen sein, warum AK-Direktor Werner Muhm, Berater von Kanzler Werner Faymann, das Aktionärsbündnis von ÖIAG und América Móvil bei der Telekom jüngst in aller Öffentlichkeit massiv kritisierte. Und warum die fünf Arbeitnehmervertreter am Mittwoch der entscheidenden Sitzung des ÖIAG-Aufsichtsrats zu dieser Causa geschlossen fernblieben.

"Schmalspur-Variante"

Immer mehr zeichnet sich unterdessen ab, dass es bei der Neustrukturierung der ÖIAG lediglich die "Schmalspur-Variante" geben wird. Von einem "Riesenumbau" ist bei Insidern längst nicht mehr die Rede. Fix ist bisher nur, dass die ÖIAG den Bundesanteil an den Casinos Austria, den derzeit die Nationalbank-Tochter Münze Österreich hält, dazubekommen soll. Auch der Verbund, der momentan in den Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums fällt, gilt noch als heißer ÖIAG-Kandidat.

Das ist es aber auch schon. Von weiteren Bundesbeteiligungen, die zur Staatsholding verschoben werden könnten, ist in Eigentümerkreisen nichts zu hören. Für die Bundesimmobiliengesellschaft etwa sieht der für sie zuständige Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner "keinen Mehrwert, sich in eine größere Einheit zu begeben". Keinesfalls wandern auch die SPÖ-nahen Bundesbeteiligungen ÖBB und Asfinag ins Portfolio der ÖIAG.

Eine nennenswerte Vergrößerung ihres mittlerweile nur noch kleinen Beteiligungsstocks - im Wesentlichen OMV, Post und Telekom - wird damit kaum möglich sein. Politischer Konsens ist indes, dass sich die Staatsholding künftig an wachstumsstarken Unternehmen mittlerer Größe beteiligen soll, indem sie ihnen Kapital zur Verfügung stellt. Daneben soll auch die Hypo-Abbaugesellschaft unter ihr Dach kommen.

Telekom-Pflichtoffert

Kurzer Schwenk noch zur Telekom: Das Pflichtangebot, das die mexikanische América Móvil am Mittwoch ankündigte, könnte von der Übernahmekommission, die es gerade prüft, laut Insidern im Lauf der zweiten Maihälfte freigegeben werden. Mit 7,15 Euro je Telekom-Aktie liegt es knapp elf Prozent über dem durchschnittlichen Börsenkurs der letzten sechs Monate. Nach hiesigem Recht ist eine Angebotsfrist von zwei bis zehn Wochen möglich. Wie lange sie läuft, obliegt der Entscheidung des Bieters. Die Nachfrist beträgt jedenfalls fix drei Monate.