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Streitfall "unmittelbare Förderung"

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde bekommt vom Wissenschaftsministerium Förderungsgelder, die auf-grund der Gesetzeslage steuerfrei sind. Aus diesen Mitteln vergab die Gesellschaft jüngst eine Dotation an einen Mitarbeiter mit der Auflage, diese Mittel für weitere wissenschaftliche Forschungen zu verwenden. Bei der Zuwendung der Mittel an den Wissenschaftler wurde die Geldleistung offiziell als Preisgeld für eine von dem Mann verfasste Dokumentation bezeichnet. Pech: Denn dadurch wurde das steuerfreie Forschungsgeld plötzlich steuerpflichtig.


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Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung oder einer Privatstiftung zur unmittelbaren Förderung von Wissenschaft und Forschung sind beim Empfänger einkommensteuerfrei. Das gleiche gilt für Mittel, die von öffentlichen Forschungsfonds, von Universitäten oder von der Akademie der Wissenschaften vergeben werden. Auch Zuwendungen aus (privatem) Betriebsvermögen zur Forschungsförderung oder zur Förderung der Erwachsenenbildung können zu steuerfreien Einkünften führen.

Spitzfindige Deutung

In jedem Fall ist aber Voraussetzung, dass die bezüglichen Geldmittel zur unmittelbaren Förderung von Wissenschaft und Forschung ("zur Abgeltung von Aufwendungen oder Aufwendungen oder Ausgaben") vergeben werden. Hier kann in der Praxis ein Problem entstehen. Im Fall der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde entstand es tatsächlich. Der Empfänger der von diesem Institut weitergegebenen (steuerfreien) Forschungsgelder wurde vom Finanzamt zur Einkommensteuer herangezogen. Die Wiener Finanzlandesdirektion, bei der die Angelegenheit vor kurzem zur Entscheidung stand, bejahte die Steuerpflicht.

Durch die enge Auslegung des Begriffes "unmittelbare Förderung" kommt nur die Förderung direkt an das wissenschaftliche Institut in Betracht, nicht jedoch eine Weitergabe der Geldmittel durch dieses, heißt es in der Begründung der Oberbehörde sinngemäß.

Durchlaufposten wird jetzt steuerpflichtig

Im Klartext: Nicht das Institut, sondern der junge Wissen-schaftler persönlich hätte die gute Gabe vom Ministerium entgegennehmen müssen; als "Durchlaufposten" wurde sie zu einem Bumerang.

Die Auffassung der Oberbehörde fußt allerdings auf einer Aussage des Finanzministeriums aus dem Jahr 1995, die mit der höchstgerichtlichen Judikatur offenbar in Wider-spruch steht. Nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet nämlich die "unmittelbare Förderung" nichts anderes als die Abdeckung des mit der wissenschaftlichen Tätigkeit verbundenen und endgültig verlorenen Aufwands.

Hinterher nicht begünstigt?

Ein weiteres Argument gegen die Steuerfreiheit des jungen Wissenschaftlers sah die Finanz darin, dass er das Geld im nachhinein erhalten hatte - nämlich als "Preisgeld" für das von ihm erarbeitete Schriftwerk. Eine nachträgliche Forschungsförderung sei nicht begünstigt, heißt es in der Entscheidung. Wobei freilich der Hinweis, dass die Dotation ja für weitere wissenschaftliche Forschungen zweckgebunden war, vom behördlichen Tisch gewischt wurde.

Delegierte Forschungsarbeit

Der hier besprochene Streitfall zeigt die ganze Problematik der Forschungsförderung aus öffentlichen Mitteln auf: Mit Steuerfreiheit belohnt wird der juristische Empfänger, nicht immer derjenige, der die wissenschaftliche Forschungsarbeit auch tatsächlich ausübt.

So weisen Experten aus Kreisen der Ludwig-Boltzmann-Institute darauf hin, dass ihre wissenschaftlichen Forschungsaufträge vielfach an geeignete physische Wissenschaftler delegiert werden müssen, weil die Institute selbst oft nur der juristische Mantel der Forschungstätigkeit seien. "Wissenschaftliche Arbeit ist Arbeit von Wissenschaftlern" heißt es; es seien deren Ausgaben, die mit den Förderungsmitteln abgedeckt werden müssen. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, die Steuerfreiheit der Forschungsmittel auch hinsichtlich jener zweckgebundenen Dotationen sicherzustellen, die an delegierte Wissenschaftler weitergegeben werden.

Refundierung weggesteuert

Auch der Umstand, dass eine nachträgliche Forschungsförderung nicht begünstigt sein könne (so die Auffassung der Finanz) sei praxisfremd, heißt es von akademischer Seite. Oft genug müssten Wissenschaftler (nicht zuletzt wegen fehlender Budgetmittel) ihre Forschungsausgaben zunächst aus eigener Kasse oder sogar durch Kredit-aufnahmen finanzieren, um schließlich nach Vorliegen ihrer Arbeitsergebnisse endlich eine Refundierung ihrer Ausgaben zu erreichen - eine Refundierung, von der ihnen hinterher ein Teil eben wieder weggesteuert würde.

Die dazu von der Behörde angezogene Rechtsmittelentscheidung aus dem Jahre 1992 erscheint tatsächlich verfehlt, weil sie vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden ist. Damals ging es um den Fall eines Universitätsdozenten, der seine Forschungsarbeiten zunächst aus eigenem finanziert und erst später dafür "Aufwandsentschädigungen als Forschungsförderung" erhalten hatte. Die Finanz hatte diese zeitversetzten Refundierungen damals als steuerpflichtige Entlohnungen besteuert. Das Höchstgericht hielt die Steuerfreiheit für richtig.

Abhilfe Ausgabenstrategie

Steuerberater halten den Streitfall "Preisgeld" allerdings für eine "verunglückte Causa", weil die Vermeidung dieser Qualifikation der Förderungsmittel vermutlich eine andere (günstigere) Würdigung ermöglicht hätte. Im übrigen sei aber auch die Steuerpflicht der Geldmittel zu relativieren. Denn der Dotation stünden ja entsprechende Forschungsaus-gaben gegenüber, die die Steuerpflicht der Geldmittel praktisch bis auf Null reduzieren könnten. Wäre die Dotation steuerfrei, dann wären auch die damit finanzierten Ausgaben nicht steuerabsetzbar.