Schiedsinstanz beim VfGH oder im Parlament? | Prinzipielle Einigung beim Minderheitenrecht. | Wien. Den größten Brocken hat man sich bis zum Schluss aufgehoben. Heute, Donnerstag, tritt das Geschäftsordungskomitee des Nationalrats zusammen. Nachdem weniger sensible Materien - etwa die Neuregelung der Fragestunde - bereits im vergangenen Jahr abgehakt wurden, steht nun die Reform der Untersuchungsausschüsse auf der Tagesordnung. Und da sind zähe Verhandlungen vorprogrammiert. | Analyse: Die Minderheit braucht Kontrollrechte, Wahl- und Abwahl brauchen Mehrheit
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Konkret geht es um das Organstreitverfahren: Nach deutschem Vorbild soll eine Schiedsstelle für U-Ausschüsse eingerichtet werden, die bei Streitigkeiten angerufen werden kann. Hier spießt es sich bei der Frage, wo diese angesiedelt sein soll: Im Parlament oder bei einem Höchstgericht. Dieter Brosz, grünes Mitglied des Geschäftsordnungkomitees, spricht sich für den Verfassungsgerichtshof aus. Schließlich müssten die Entscheidungen - zum Beispiel über die Zulässigkeit von Aktenschwärzungen - auch für die Ministerien bindend sein. Und das könne das Parlament nicht leisten.
Diese Argumentation ist laut Peter Fichtenbauer (FPÖ) "sachlicher Unfug". Der deutsche Bundestag kann zwar das Bundesverfassungsgericht anrufen - in Österreich wäre dies aber ein Systembruch, der gegen die Gewaltenteilung verstoßen würde.
FPÖ für Höchstrichter als Schiedsrichter
Fichtenbauer plädiert daher für die Einrichtung einer parlamentarischen Schiedskommission. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, soll diese etwa mit den Präsidenten der drei Höchstgerichte besetzt werden. Dass dann keine bindenden Beschlüsse möglich wären, dementiert Fichtenbauer vehement: Das Gremium könnte mit der Kompetenz ausgestattet werden, bindend zu entscheiden.
Auch die anderen Parteien sind geteilter Meinung: Während die ÖVP eher zum VfGH tendiert, will Otto Pendl, der für die SPÖ im Geschäftsordnungskomitee sitzt, die Schiedsinstanz im Parlament belassen. Seine These: "Ein aufgeschlossenes, selbstbewusstes Parlament braucht keine Außenstehenden", um Entscheidungen zu treffen.
Anders die Vorsitzende des Komitees, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer: Sie spricht sich - vorsichtig, aber doch - für den VfGH aus. Jedenfalls müsse die Schiedsstelle "weit weg" von der Politik angesiedelt sein. Hier erhält Prammer Unterstützung vom Geschäftsordnungsexperten Werner Zögernitz, für den eine Schiedsstelle jedenfalls objektiv sein muss und daher nicht im Parlament angesiedelt sein kann. Herbert Scheibner vom BZÖ plädiert wiederum für ein parlamentarisches Schiedsverfahren - mit der Möglichkeit, sich in Einzelfällen an den VfGH zu wenden.
Fichtenbauer machte jedenfalls klar, dass es mit der FPÖ keine Entscheidung für den VfGH geben wird: "Dann ist das von mir aus gestorben", sagte er zur "Wiener Zeitung".
Eine prinzipielle Einigung gibt es, was die Einsetzung von U-Ausschüssen als Minderheitenrecht betrifft. Die rechtlichen Details sollen demnächst auf Ebene der Klubdirektoren ausverhandelt werden. Dabei geht es unter anderem darum, wie viele U-Ausschüsse gleichzeitig stattfinden können und ob nur die Einsetzung oder auch die Ladung von Zeugen von einer Minderheit beschlossen werden kann.
Minderheitenrecht: Frist bis Ende März wackelt
Ob die Parteien die selbstgesetzte Frist einhalten und bis Ende März das Minderheitenrecht verankern werden, ist unklar: Während Brosz von zügigen Fortschritten berichtet, ortet Scheibner eine Blockade der Regierungsparteien. Pendl erklärt dazu gewohnt gelassen: "Das dauert halt eine gewisse Zeit" - wichtig sei, "dass wir sachlich daran arbeiten".
Ob das der Opposition reicht, ist eine andere Frage. Denn die hat bekanntlich bis Ende März eine Blockade aller Zwei-Drittel-Materien ausgerufen. Sollte das Minderheitenrecht bis dahin nicht gelöst sein, steht eine Verlängerung des oppositionellen Widerstands im Raum. Bei einem Treffen Anfang März wollen FPÖ, Grüne und BZÖ über die weiteren Schritte beraten.