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Er wirkt immer ein bisschen gereizt, der alte Herr Scholl-Latour, als ob er es leid wäre, der dummen Welt immer wieder dieselben Wahrheiten erklären zu müssen. Aber einer muss es schließlich tun, also sagt er mit heiserer, gepresster Stimme: "Die USA sind die Opfer ihrer eigenen demokratischen Heilslehre geworden." Oder: "Die CIA, die schon im Irak so schlecht informiert war, wird im hermetisch abgeschlossenen Nordkorea noch viel weniger Erkentnisse sammeln können."
Die Unfähigkeit der USA, die orientalischen und asiatischen Gesellschaften zu verstehen - das ist eines von Scholl-Latours großen Themen. Auch seine neueste Reportage, "Amerikas Spagat zwischen Irak und Nordkorea", die Dienstagabend im ZDF zu sehen war, handelte davon. Streng und schulmeisterlich wurde den Vereinigten Staaten ihre Versäumnisse vorgerechnet.
Allerdings ist Peter Scholl-Latour nicht nur ein alter Besserwisser, sondern auch ein journalistischer Profi mit mehr als 50-jähriger Berufserfahrung. Er weiß, wie man selbst in so öffentlichkeitsscheuen Ländern wie Nordkorea zu eindrucksvollen Bildern und zu interessanten Gesprächspartnern kommt. Und er versteht es, seine Materialien spannend zu arrangieren und einleuchtend zu kommentieren. Also hatte man am Ende der Sendung das Gefühl, der missgelaunte Herr Scholl-Latour kenne sich in Asien und im Orient tatsächlich besser aus als die Regierung der USA.