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Strenge Schubhaft und Übergriffe

Von Matthias G. Bernold

Politik

Laut jüngstem Bericht des Anti-Folter-Komitees (CPT) des Europarates sind die österreichischen Schubhaft-Bestimmungen im internationalen Vergleich sehr streng. Weiters komme es sehr häufig zu Übergriffen bei polizeilichen Amtshandlungen.


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Vom 14. bis 23. April 2004 hatte das 15-köpfige Komitee österreichische Justizanstalten und polizeiliche Anhaltezentren (PAZ) besucht. Die Mitarbeiter des Europarates besuchten u.a. die Anhaltezentren in Wien-Hernalser Gürtel, Linz, Wels sowie die Justizanstalten Wien-Josefstadt ("Landl"), Wien-Mittersteig, Linz sowie geschlossene psychiatrische Anstalten.

In ihrem knapp 70 Seiten starken Bericht kritisiert die Kommission u.a. bauliche und sanitäre Mängel der Anhaltezentren in Linz und Innsbruck. Weiters fiel der Kommission der "geschlossene" Charakter der Anhaltenzentren (in denen Schubhäftlinge bis zur ihrer Abschiebung untergebracht werden) negativ auf. Außerdem bemängelt: Die auf eine Stunde täglich beschränkte Möglichkeit der Bewegung im Freien: "Der großteil der ausländischen Gefangenen verbringt den ganzen Tag eingesperrt und untätig in den Zellen", heißt es in dem Bericht. Schließlich wurde die österreichische Rechtslage verurteilt, wonach Akte der Selbst-Verletzung und Selbsttötungsversuche in Haft als disziplinäre Verfehlungen geahndet werden können.

Polizeigewalt

Schläge, Stöße, Tritte, zu enge Hand- und Fußfesseln bei Festnahmen oder in Verhören: Das CPT listet eine Vielzahl von Misshandlungsvorwürfen auf: "Leider lassen die gesammelten Informationen den Schluss zu", heißt es im Bericht, "dass sich die Situation seit dem Jahr 1999 nicht verbessert hat."

Das Folterkommittee spricht sich für einen verstärkten Kampf gegen die polizeiliche Misshandlung aus: "Österreich sollte seine Bemühungen in diesem Bereich verdoppeln." Zwar betont man im Anti-Folterkomitee, dass es dazu keine statistische Erhebung gebe und man keinen direkten Ländervergleiche anstelle, jedoch registrierte man in Österreich "viele solche Vorwürfe", hieß es dazu aus dem Sekretariat des Komitees in Straßburg.

Prokop verteidigt Polizei

Nicht einverstanden mit der Bericht ist Innenministerin Liese Prokop: "Ich lasse mir nicht die hervorragende Arbeit unserer Polizei schlecht reden." Das Anti-Folter-Komitee habe Gefangene befragt und deren Vorwürfe niedergeschrieben. Es sei in Österreich jedem Vorwurf nachgegangen worden - aber keine Misshandlung festgestellt worden. Einige der nregungen aus dem Bericht, der dem Innenministerium bereits seit Dezember vorliegt, seien bereits umgesetzt: Etwa im Hinblick auf Sanitäreinrichtungen oder Bewegungsmöglichkeiten für die Häftlinge.

Folter-Bericht und österreichische Stellungnahme: http://www.cpt.coe.int/