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Strenge Vorgaben für Banker-Boni

Von Thomas Angermair und Wolfgang Kinner

Wirtschaft

Novelle tritt am 1. Jänner in Kraft. | Passé: Kurzfristige Erfolgsorientierung wie vor der Krise. | Wien.Falsche Vergütungsanreize, wie eine bloß kurzfristige Erfolgsorientierung oder zu hohe Risikofreudigkeit, wurden in der medialen und politischen Diskussion als wesentliche Mitgründe für die globale Finanzkrise angesehen. Eine - formell noch nicht beschlossene - EU-Richtlinie (Capital Requirements Directive III - CRD III) soll zwingende Vorgaben für variable Vergütungssysteme in Banken einführen, um deren Mitarbeiter zu einem Handeln zu motivieren, das stärker auf Nachhaltigkeit und Langfristigkeit ausgerichtet ist. Österreich setzt dies durch eine jüngst beschlossene Änderung des Bankwesengesetzes (BWG) um.


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Die BWG-Novelle gilt für alle Kreditinstitute. Erfasst ist die Vergütung von Mitgliedern der Geschäftsleitung, "Risikokäufern", Mitarbeitern mit Kontrollfunktionen und von Mitarbeitern derselben Einkommenskategorie wie Geschäftsleitung und Risikokäufer, deren Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des Kreditinstituts auswirkt. Die Novelle tritt am 1. Jänner 2011 in Kraft. Besonders spannend: Die Novelle ist bereits auf Boni für Geschäftsjahre, die am 31. Dezember 2010 enden, anzuwenden. Der Zeitdruck schlug sich in der Qualität einzelner Bestimmungen nieder. Konkretisierungsbedürftige Regelungen und Begriffe der EU-Richtlinie wurden nahezu wörtlich übernommen.

In einer Anlage zum neuen § 39b BWG wird ein ganzer Katalog an "Grundsätzen der Vergütungspolitik und -praktiken" aufgezählt. Die Highlights: Erfolgsabhängige Vergütungen haben sich künftig an Leistungen zu orientieren, die während eines mehrjährigen Beobachtungszeitraums erbracht wurden. Das Fixgehalt muss so hoch sein, dass variable Teile uneingeschränkt flexibel gehandhabt werden können und eine angemessene Entlohnung selbst ohne Auszahlung variabler Vergütungen gesichert ist.

Beobachtungszeitraum

Zumindest 40 Prozent der variablen Vergütung dürfen nicht sofort - vor Ende des mehrjährigen Beobachtungszeitraums - ausbezahlt werden, sondern sind für mindestens fünf (!) Jahre zurückzustellen. Macht die variable Komponente einen "besonders hohen Betrag" aus, so sind sogar mindestens 60 Prozent zurückzustellen. Mindestens 50 Prozent der variablen Vergütung - und zwar sowohl der zurückgestellten als der ausschüttbaren - müssen "unbar" ausbezahlt werden, also in Form von Aktien, gleichwertigen Beteiligungen oder Instrumenten, die mit Anteilen verknüpft sind.

Überhaupt soll die variable Vergütung nur dann erworben oder ausgezahlt werden, wenn dies angesichts der Finanzlage des Kreditinstituts tragbar und sowohl nach der Leistung des Dienstnehmers als auch seiner Abteilung gerechtfertigt ist. Bei verschlechterter oder negativer Finanz- oder Ertragslage des Kreditinstituts ist die variable Vergütung erheblich zu beschränken. Übersteigt die Bilanzsumme eine Milliarde Euro, so muss es zwingend einen Vergütungsausschuss im Aufsichtsrat geben.

Probleme in der Praxis

Die BWG-Novelle wirft zahlreiche Auslegungsprobleme auf und wird Kreditinstitute und deren Rechtsberater vor enorme Herausforderungen bei der Gestaltung und Einhaltung von Bonusregelungen stellen. So bleibt etwa offen, was bei Beendigung des Dienstverhältnisses vor Ende des mehrjährigen Beobachtungszeitraums gelten soll. Der Vertragsgestaltung wird hier ganz besondere Bedeutung zukommen.

Thomas Angermair ist Partner und Leiter des Arbeitsrecht-Teams bei Dorda Brugger Jordis. Wolfgang Kinner ist Rechtsan waltsanwärter bei Dorda Brugger Jordis.