Nationale Vorgaben möglich; Gespräche mit Parlament stehen an.
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Brüssel. Die globalen Standards sind der Europäischen Union zu wenig: So wollen die Finanzminister der EU den Banken höhere Kapitalanforderungen auferlegen, als es die Vorschriften in dem Regelwerk Basel III festlegen. Nach monatelangem Tauziehen und so mancher Nachtsitzung haben sich die Politiker nun auf strengere Vorgaben geeinigt.
Generell soll künftig der Anteil der Eigenmittel an risikogewichteten Anlagen, den die Banken aufweisen müssen, acht Prozent betragen. Es handelt sich dabei um hartes sowie zusätzliches Kernkapital und Ergänzungskapital. Bis 2019 soll dieser Anteil auf mindestens 10,5 Prozent steigen; die harte Kernkapitalquote soll sich von zwei auf sieben Prozent erhöhen. Doch was dürfen die Mitgliedstaaten den Geldinstituten darüber hinaus verordnen? Nicht allzu viel auf eigene Faust, war die Meinung der meisten Länder. Großbritannien hingegen befand, dass der nationale Spielraum relativ groß sein sollte.
London muss sich abstimmen
In diesem Ringen kamen die anderen Staaten London entgegen. So dürfen die nationalen Aufseher von den Banken künftig verlangen, zusätzliche - systemisch genannte - Kapitalpuffer zurückzulegen. Sie müssen allerdings die EU-Kommission, die Europäische Bankenaufsicht und den Risikorat der Zentralbanken über diese Maßnahme informieren. Soll dieser Polster mehr als drei Prozentpunkte - in dem Fall aber nur auf inländische Forderungen der Banken - betragen, muss eine Stellungnahme der Kommission und des Risikorats abgewartet werden. Wenn das Urteil negativ ausfällt, kann der Staat dennoch die höhere Quote verhängen, muss sich dafür aber rechtfertigen.
Die nationalen Bankenaufsichten haben noch andere Möglichkeiten, die harte Kernkapitalquote zu erhöhen, wenn auch befristet auf zwei Jahre. Wann dies der Fall sein darf - etwa bei einer Immobilienpreis-Blase -, wurde in einem Maßnahmenkatalog fixiert.
London waren die strengeren Kapitalvorschriften auch aus politischen Gründen wichtig. "Die Briten stehen ganz massiv unter dem Eindruck der Probleme der Finanzkrise", erklärt Finanzmarkt-Experte Thomas Url vom Wiener Wirtschaftsforschungsinstitut. "Von Northern Rock über Royal Bank of Scotland bis hin zu Lloyd’s - die Banken haben den Steuerzahler sehr viel Geld gekostet; es wurden private Risiken noch viel stärker sozialisiert als in Deutschland oder Österreich."
Dass die Staaten nun flexibler Maßnahmen verhängen können als ursprünglich vorgesehen, wird von Wien zwar "nicht geschätzt, aber zur Kenntnis genommen", erklärte Finanzministerin Maria Fekter. Dennoch sieht sie sichergestellt, dass ein Land ein anderes nicht in massive Probleme stürzen kann, wenn es von den Banken schärfere Kapitalauflagen fordert. Österreich hatte - ebenso wie Deutschland - Wettbewerbsverzerrungen gefürchtet, wenn nationale Behörden zu viel Handlungsfreiheit hätten.
Was Fekter strikt ablehnt, ist eine eigene Regelung für die Boni von Bankvorständen, die wiederum das EU-Parlament fordert. Die Abgeordneten wünschen sich, dass solch eine Zahlung das Gehalt nicht übersteigt. Die Boni könnten einer der Streitpunkte zwischen Ländern und Parlament sein, die sich noch auf eine gemeinsame Position einigen müssen, bevor die Regeln im nächsten Jahr in Kraft treten könnten. Auch verlangen die Abgeordneten eine größere Einbindung der EU-Institutionen in Entscheidungen über zusätzliche Kapitalpuffer. Ihr Chefverhandler und Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, umschreibt die Einstellung der Staaten: "Derzeit gibt es tausend Seiten Regulierung, und auf der letzten Seite steht: Jeder kann machen, was er will."
G8- und G20-Gipfel nahen
Eine rasche Einigung zeichnet sich daher nicht ab. Dabei wäre eine gemeinsame Position ein wichtiges Signal an die anderen Teilnehmer des G20-Gipfels Mitte Juni in Mexiko. Die Gruppe der weltweit führenden Industrie- und Schwellenländer will sich da ebenfalls mit strikteren Vorgaben für den Finanzmarkt befassen.
Noch zuvor wird Wirtschafts- und Finanzpolitik auf der Agenda eines anderen Gipfeltreffens stehen. So geht es bei der Zusammenkunft der G8-Staaten in Camp David, dem Landsitz des US-Präsidenten, ab Freitagabend nicht nur um die Pläne für einen US-Raketenschild oder die Lage in Afghanistan, sondern auch um mögliche Konjunkturprogramme.