Bestimmung war vom Höchstgericht aufgehoben worden, die Neuregelung ist nun im Nationalrat.
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Ein Zeuge, der seiner Gerichtsladung nicht folgt. Ein Asylwerber, der ein notwendiges Formblatt nicht ausfüllt. Gegen Personen wie diese können staatliche Organe Beugemittel einsetzen. Durch Geld- oder Haftstrafen sollen die Betroffenen dazu gebracht werden, den Anordnungen doch noch Folge zu leisten.
Mit der Beugehaft wird nun ein Teil dieser Zwangsmittel neu geregelt. Das wurde notwendig, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Beugehaft im Oktober 2020 als verfassungswidrig aufgehoben hat. Mit Jahresende tritt die Bestimmung außer Kraft. Damit es nicht zu einer ersatzlosen Streichung kommt, machte sich die türkis-grüne Bundesregierung an eine Reparatur. Die Regierungsvorlage wurde bereits dem Verfassungsausschuss zugewiesen. Mit 1. Jänner 2022 soll die Neuregelung gelten.
Bei der Beugehaft handelt es sich nicht um eine Strafe im strafrechtlichen Sinn: Sie dient nicht dazu, Personen für ein Fehlverhalten zu bestrafen. Ziel des verwaltungsrechtlichen Zwangsmittels ist vielmehr, Personen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Etwa dazu, als Zeuge bei Gericht zu erscheinen. Meist wird dabei auf Geldstrafen gesetzt.
Die Beugehaft komme "nur in wenigen Fällen zur Anwendung", heißt es in der Erklärung zur Regierungsvorlage. Überwiegend spielt sie im Asyl- und Migrationsbereich eine Rolle, weil Betroffene oft kein Vermögen haben und Geldstrafen daher fruchtlos sind. Laut der Erklärung fielen im Vollzugsbereich des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Jahr 2020 Kosten für 36 Fälle von Beugehaft an, 2021 waren es bisher 45 Fälle.
Auch der Fall, der vor dem Verfassungsgerichtshof landete, betraf einen Asylwerber. Der Nepalese kam im Jahr 2006 nach Österreich und suchte um Asyl an. Ohne Erfolg. Für seine Abschiebung war ein Ersatzreisedokument erforderlich. Dafür hätte der Mann ein Formblatt ausfüllen müssen. Doch der Nepalese weigerte sich. Das BFA drohte ihm die Beugehaft an, als auch das nichts half, verfügte sie die Anhaltung.
Kritik des Höchstgerichts
Die Haft ist im Einzelfall auf vier Wochen beschränkt, sie kann aber mehrfach hintereinander angeordnet werden. Der Nepalese war bis November 2018 neunzehn Wochen durchgängig und insgesamt 21 Wochen in einem Polizeianhaltezentrum in Haft.
Der Mann erhob Rechtsmittel, sein Fall wanderte bis zum VfGH. Das Höchstgericht leitete eine amtswegige Prüfung zur Beugehaft ein. Es stieß sich daran, dass im Verwaltungsvollstreckungsgesetz, das die Zwangsmittel regelt, keine Höchstgrenze für die Gesamtdauer der Beugehaft vorgeschrieben ist. Zudem könne sie im Einzelfall unverhältnismäßig sein. So etwa bei einem Fremden, der trotz mehrmaliger Anhaltung nicht an seiner Aufenthaltsbeendigung mitwirkt: "Eine insgesamt unbegrenzt sich wiederholende Anhaltung in Beugehaft dürfte daher unverhältnismäßig sein, weil der Haftzweck offenkundig nicht erreicht" werde, so das Höchstgericht.
Auch einen fehlenden Rechtsschutz bekrittelte es. So sei in Fällen länger andauernder Beugehaft nicht vorgesehen, dass ein "Gericht über die Zulässigkeit der Fortdauer der Haft" entscheidet. Weiters werde die Haft keiner periodischen Überprüfung unterzogen. Der VfGH hob die Bestimmungen daher als verfassungswidrig auf.
Höhere Geldstrafen möglich
In der Regierungsvorlage ist nun vorgesehen, dass der Betroffene in "Haft bis zur Gesamtdauer von einem Jahr zur Erfüllung seiner Pflicht" angehalten werden kann. Die Haft darf "nur angedroht und verhängt werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Haft außer Verhältnis steht".
Zudem wird der Rechtsschutz ausgebaut. Künftig stehen Inhaftierten umfassendere Beschwerdemöglichkeiten als bisher offen. Nach vier Monaten Haft muss das Verwaltungsgericht die Verhältnismäßigkeit alle vier Wochen überprüfen. Anlässlich der Neuregelung wird außerdem auch der maximale Betrag, der bei einer Geldstrafe verhängt werden kann, erhöht. Betrug er bisher 726 Euro, können es mit Jahresanfang bis zu 2.000 Euro sein.