Die Neos legen ein wirtschaftspolitisches Grundprogramm vor. Ihr Ziel: eine Regierungsbeteiligung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien/Retz. Neujahrszeit, Zeit der großen programmatischen Ansagen. Nach der "Plan A"-Rede von Bundeskanzler Christian Kern vergangene Woche legen nun auch die Neos ihre Visionen für das kommende Jahr vor - schließlich wollen Parteichef Matthias Strolz und seine Mitstreiter auf einen allfälligen vorgezogenen Nationalratswahlkampf vorbereitet sein. Am Montag traf sich die Partei zu einer zweitägigen Klubklausur in der niederösterreichischen Weinstadt Retz. Und weil der Kanzler mit seinem "Plan A" und in seiner Rede in Wels starke wirtschaftspolitische Schwerpunkte setzte - Stichwort Start-ups, Lohnnebenkosten und flexiblere Arbeitszeiten -, geben sich die Pinken alle Mühe, sich das Thema Wirtschaft und Innovation nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Runter mit den Steuern, weg mit der Bürokratie, Reformen für Arbeitswelt und Bildung lautet daher die Devise.
Neos suchen Kern-Nähe
In einem fast 60-seitigen wirtschaftlichen Grundprogramm schreiben die Neos ihre Agenda fest - nicht wenige Positionen teilen sie mit jenen des Kanzlers. Zufall? Wohl eher nicht, schließlich macht Parteichef Strolz kein Hehl daraus, dass er die Partei nach der nächsten Nationalratswahl in einer Dreierkoalition, wohl am ehesten mit Rot und Grün, führen will.
Beispiel Lohnnebenkosten: Gleich vier Milliarden Euro könne man hier einsparen, rechnet Strolz vor. Funktionieren soll das über die Streichung der Kommunalsteuer. Stattdessen wollen die Neos für die Gemeinden in Steuerautonomie einen Hebesatz auf die Einkommensteuer einführen. Die Wohnbauförderung für die Länder will Strolz gleich ganz streichen - "Weil die Landesfürsten diese nicht ordentlich verwenden." Auch die Kammerbeiträge will Strolz "abspecken", wie er am Montag im Ö1-"Morgenjournal" sagte. Zudem ist eine Bürokratiereform Teil des neuen Grundprogramms.
Auch beim Thema Sozialversicherungsträger positionieren sich die Neos ganz auf der Linie des Kanzlers. Dieser will die Träger vereinheitlichen, das Ziel der Neos ist eine Zusammenlegung. Dass das Thema Start-ups nun in aller Munde ist, sei das Verdienst der Neos: Vor einigen Jahren hätten die Funktionäre von SPÖ und ÖVP den Begriff "noch nicht einmal schreiben können, geschweige denn wussten sie, was damit gemeint ist". Kern sei dennoch ein "zerrissener Kanzler", der sich zwar einerseits weltläufig zeige, andererseits "alte Grenzen sucht". Der Kanzler agiere "protektionistisch", so der pinke Parteichef. Für den Hauptkonkurrenten der Wirtschaftspartei Neos, die ÖVP, hat Strolz, auch nach den gescheiterten Annäherungsversuchen an Außenminister Sebastian Kurz, nur Häme über: "Wir feiern, unter Anführungszeichen, diese Woche 30 Jahre ÖVP in Regierungsverantwortung - da gab es noch keinen Kim Jong-il in Nordkorea, als die ÖVP angetreten ist. Und sie erzählt heute dasselbe wie damals."
Nichts Neues in Sachen Griss
Was eine mögliche Kooperation der Neos mit der Ex-Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss angeht, wusste Strolz auch am Montag nichts Neues zu berichten. Er vertröstet auf später: "So weit sind wir noch nicht." Mit dem Verein "Österreich spricht" wollen die Neos allerdings in den kommenden Wochen sogenannte Townhall Meetings in Graz, Salzburg und Wien abhalten - mit Beteiligung von Irmgard Griss. Die Veranstaltungen sollen "stark partizipativ" ausgerichtet sein, "Ideen und Anliegen" für ein erneuertes Österreich sollen diskutiert werden.
Griss selbst zeigt sich hinsichtlich ihrer Zukunftspläne nach wie vor zugeknöpft. Einzig dass sie weiter politisch aktiv bleiben will, hat die Juristin jüngst festgehalten. Wie und in welcher Form, das will Griss ihren Anhängern nicht und nicht verraten.
Eine Wahlrechtsreform, wie sie Kern zur Diskussion gestellt hat, will Strolz allerdings nicht - und das, obwohl ein Mehrheitswahlrecht kleineren Parteien den Weg in die Regierungsverantwortung erleichtern könnte. Strolz: "Wir müssen den Einfluss der Parteien zurückdrängen."