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Strom aus Wasserkraft umstritten

Von Herbert Hutar

Wirtschaft

Umdenken setzt nur langsam ein. | Österreich droht Strom-Importlücke. | Wien. Österreich wird im Jahr 2020 um rund 20 Prozent mehr Strom verbrauchen als jetzt, hat die Technische Universität Wien errechnet. Aber Kraftwerksbauten sind immer noch schwierig. Ein Kraftwerk zu verhindern, gilt vielen immer noch als Zeichen für aktiven Naturschutz und für wachen Bürgergeist. Auch wenn es um Wasserkraft in Zeiten zunehmender CO 2 -Problematik geht. Nur sehr langsam setzt ein Umdenken ein, sagt Verbund-Vorstand Herbert Schröflbauer, der im E-Werke-Verband Spartensprecher für die Stromerzeugung ist, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Eine allgemeine Akzeptanz von neuen Wasserkraftwerken erwartet er aber erst in etwa zehn Jahren.


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Österreich muss derzeit knapp 10 Prozent Strom importieren, hat die TU Wien errechnet, 2020 werden es - im besten Fall - 35 Prozent sein, im schlechtesten Fall 48 Prozent. Stromimporte aber sind ein Sicherheitsrisiko, sagt Schröflbauer. Denn die Leitungen über die Grenzen hinweg sind nur für eine kurzfristige Hilfe ausgelegt, etwa wenn ein großes Kraftwerk ausfällt, aber nicht für längere und umfangreiche Importe. Also sollte Österreich möglichst autark sein, auch im Interesse des Wirtschaftsstandortes.

In der Tat hat der E-Werke-Verband eine imposante Liste von Kraftwerksprojekten bis zum Jahr 2016 mit einer Investitionssumme von rund 3 Mrd. Euro. Am Papier könnte da die nötige zusätzliche Leistung von 3000 Megawatt oder - vergleichsweise - 10 Donaukraftwerken - durchaus erreicht werden. Nur stimmt die Addition so nicht: Mehr Leistung ist nicht gleich mehr Strom.

Die größten Brocken im Bereich Wasserkraft - wie zum Beispiel die Pumpspeicherkraftwerke Limberg II in Kaprun oder Kopswerk in Vorarlberg - lagern nur die zeitliche Verfügbarkeit des vorhandenen Stroms um, wenn neue Druckrohrleitungen, Turbinen und Generatoren installiert werden. Mehr Wasser und damit mehr Strom gibt es nicht. Mit billigem Strom - etwa in der Nacht - wird Wasser in die Speicherseen zurück hinaufgepumpt; wenn Strom teuer zu verkaufen ist, wird mit dem Speicherwasser Strom erzeugt. Das dient aber nicht nur der Gewinnmaximierung der Stromerzeuger. Es müssen auch Schwankungen und Ausfälle der Windkraft ausgeglichen werden. Denn Windkraftwerke laufen im Schnitt nur 2000 Stunden im Jahr.

"Angemessener und maßvoller Ausbau"

Bei neuen Wasserkraftwerken hat Tirol jetzt, nach den Turbulenzen um die Projekte im Ötztal, eine Politik des "angemessenen und maßvollen Ausbaus der Wasserkraft" eingeschlagen, so die Landesgesellschaft TIWAG. Schwerpunkt ist das Pumpspeicherkraftwerk Sellrain Silz, mit einer besseren Betriebsführung und mit zusätzlichen Strommengen.

Grundsätzlich, sagt Schröflbauer, sind Wasserkraftprojekte an bestehenden Standorten leicht zu realisieren, sie bringen aber nur wenig zusätzlichen Strom. Beim Donaukraftwerk Aschach etwa unter fünf Prozent. Neue Standorte stoßen nach wie vor auf Widerstand. An der Mur zeigt sich das besonders deutlich: Bei Leoben wird ein altes durch ein neues Wasserkraftwerk ersetzt, die erzeugte Strommenge wird fast verdreifacht, niemand nimmt daran Anstoß. Bei zwei neuen Laufkraftwerken südlich von Graz aber spießt es sich: Naturschützer haben dort eine Huchen-Population entdeckt, die sei in großer Gefahr, wenn die Kraftwerke gebaut werden, sagen sie.

Die drohende Importlücke kann mit Wasserkraft nicht geschlossen werden. Mehr als 1 Mrd. Euro soll in vier große Wärmekraftprojekte fließen. Tempo und Ausmaß des Kraftwerksbaus kann aber noch durch die CO 2 -Kosten beeinflusst werden. 2008 soll das Gas- und Dampfkraftwerk Timelkam der oberösterreichischen Energie AG in Betrieb gehen.

Aber beim großen Kombi-Kraftwerk Mellach südlich von Graz tobt ein Rechtsstreit: Der Industrielle Mirko Kovats hat beim Verfassungsgerichtshof einen Aufschub im Vergabeverfahren erreicht, weil er - im Konsortium mit dem japanischen Mitsubishi-Konzern - gegenüber Siemens Österreich unterlegen ist. Verbund-Anwalt Rudolf Lessiak rechnet mit einem endgültigen Spruch des VfGH im ersten Quartal 2008.