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Strombündnis in der Zielgeraden

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Für die Österreichische Stromlösung (ÖSL) wurden alle Hürden beseitigt, und sie ist auf gutem Weg, genehmigt zu werden. Verbund und EnergieAllianz (Wienenergie, EVN, Bewag, Linz AG und Energie AG OÖ) sind zuversichtlich, dass ihr Zusammenschluss von der EU-Kommission im Juni nicht mehr untersagt wird. Bis zum letztmöglichen Termin Mittwochnacht saßen die Verhandler zusammen, um das Schreiben an die Wettbewerbsbehörde vollenden zu können.


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Es ist ein ordentlicher Aderlass, den der Verbund nun zu verkraften hat. Er wird sich von seinem 55%-Anteil an der Großkundengesellschaft APC (austria-power.com) trennen müssen und diesen an den Miteigentümer, die steirische Estag, die mit 35% beteiligt ist, verkaufen. Die restlichen 10% bleiben der Salzburg AG. Gleichzeitig werden auch die Großkunden der Steweag/Steg - ein Joint-Venture mit der Estag, an dem der Verbund zu 35% beteiligt ist - herausgelöst und in die APC überführt.

Damit verliert der Verbund den größten Teil seiner Großkunden an die Steirer, die künftig als veritabler Mitbewerber gegen die ÖSL auftreten können. Die APC wird nach dem Deal der zweitgrößte Großkundenvertrieb Österreichs mit ca. 6,5 Terawattstunden (TWh) Jahresvolumen und einem Marktanteil von 20% sein. Derzeit hat sie 5.500 Großkunden mit einem Absatz von 3 TWh pro Jahr. Dazu kommen in Kürze die knapp 100 Steweag-Kunden mit der beachtlichen Absatzmenge von 2,5 TWh.

e&s verzichtet auf Kunden

Die Großkundengesellschaft der ÖSL-Partner, die e&s, muss folglich auf 3.060 Kunden mit einem Absatzvolumen von 4 TWh verzichten und hat durch den Aderlass nur noch 7 TWh zur Verfügung.

Von der Steweag-Beteiligung wird sich der Verbund jedoch nicht trennen, auch an eine Treuhandlösung ist nicht gedacht. Es wird jedoch sichergestellt, dass sich der Verbund nicht in die Geschäfte der Steweag/Steg einmischt.

Auch bei den Kleinkunden muss es Änderungen geben. Der Verbund wird sich aus den beiden Stromdiskontern MyElectric und Unsere Wasserkraft zurückziehen. Derzeit ist er an jeder Gesellschaft mit einem Fünftel beteiligt.

Eine weitere Auflage der Wettbewerbsbehörde waren für Nicht-ÖSL-Partner frei verfügbare Mengen am Markt. Dieser Forderung wird nun auch nachgegeben. Jährlich werden 3 TWh zu Marktpreisen angeboten. Der Wasserkraftzuschlag, den die EnergieAllianz dem Verbund zahlen muss, wird nicht verrechnet.

Auch das Problem der Energie AG konnte gelöst werden. Der oberösterreichische Stromversorger ist zu 26% an der Salzburg AG beteiligt und hatte bisher in Salzburg mitgemischt. Damit muss Schluss sein. Die Kommission will sichergehen, dass die Oberösterreicher das operative Geschäft nicht länger mitbestimmen können. Einem Verkauf der Salzburg AG-Anteile hätte Energie AG-Chef Leo Windtner niemals zugestimmt. Damit die ÖSL nicht platzt, kam es zu einer Kompromisslösung. Die Energie AG akzeptiert einen von der EU-Kommission bestellten Treuhänder, der bis 2007 die wirtschaftlichen Interessen der Oberösterreicher wahrnimmt. Danach muss eine Neubewertung der Marktverhältnisse stattfinden.

Alle Beteiligten sind zuversichtlich, dass die Brüsseler Entscheidung im Juni positiv ausfallen wird. "Wir sind mit den Zugeständnisssen sehr weit gegangen, die Schmerzgrenze wurde jedoch nicht überschritten", heißt es gegenüber der "Wiener Zeitung".

Im Falle einer Ablehnung stünden jetzt jedenfalls die Chancen gut, beim Europäischen Gerichtshof Recht zu bekommen. Doch die Mühlen der EU-Justiz mahlen langsam und würden das Strombündnis um zwei Jahre zurückwerfen.