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Web-Spielwiesen verschwenden große Mengen an Energie. | Ein Avatar braucht im Jahr so viel Strom wie ein Mensch. | Berlin. Was ist das? Um die Energie zu erzeugen, die es jährlich verbraucht, sind allein zwanzig Großkraftwerke mit einer Leistung von jeweils 1000 Megawatt erforderlich. Und sein Betrieb verursacht jährlich etwa den gleichen Kohlendioxid-Ausstoß wie der gesamte Flugverkehr. Die Rede ist vom Internet.
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Tatsächlich ist das Internet mittlerweile zu einem der größten Energiefresser überhaupt geworden. Schon eine einzige Suchanfrage bei Google kostet durchschnittlich so viel Strom, wie eine 11-Watt-Energiesparlampe in einer Stunde verbraucht. Schuld daran ist der gewaltige technische Aufwand, der nötig ist, um ungeheure Mengen digitaler Daten schnell und effizient zu durchforsten. Jede Suchanfrage jagt Google durch ein Netzwerk von 32.000 Computern, die jeden Tag 150 Megawattstunden Energie verschlingen.
Gegenwärtig sind es insgesamt 450.000 Computer, die für Googles Suchmaschinen und Google Earth rund um die Uhr laufen müssen. Das hat seinen Preis: Die Stromrechnung des Google-Konzerns ist mittlerweile auf eine Milliarde US-Dollar pro Jahr gestiegen. Dabei ist die Energiebilanz der Google-Suchmaschinen sogar überaus günstig. "Google-Server setzen den Strom zu 93 Prozent in Suchumfragen um", erklärt Rolf Kersten, einer der Nachhaltigkeitsexperten von Sun Microsystems.
"Second Life", ganz real
Ähnlich verhält es sich mit Versteigerungen im Internet. Eine eBay-Auktion, die eine Woche dauert, kostet alles in allem ungefähr 30 Wattstunden Strom und führt zu einem Kohlendioxidausstoß von 18 Gramm. Doch wirkt es sich spürbar aus, dass jährlich Hunderte von Millionen Online-Auktionen stattfinden.
Viel schlimmer ist die Energieverschwendung, die nutzlose Internet-Spielwiesen - allen voran "Second Life" - mit sich bringen. Man schätzt, dass jeder virtuelle Stellvertreter eines Spielers jährlich genau so viel Strom verbraucht und Kohlendioxid produziert wie ein Single aus Fleisch und Blut im selben Zeitraum. "Ein Avatar im ,Second Life'", sagt Dietlinde Quack vom Freiburger Öko-Institut, "verbraucht im Jahr 1700 Kilowattstunden - das ist genau der Verbrauch, den ein privater Einpersonenhaushalt an Strom benötigt."
In Deutschland etwa gibt es schon heute nicht weniger als 50.000 Rechenzentren, die zusammen 8,67 Milliarden Kilowattstunden Strom verbrauchen und die Atmosphäre mit 5,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid belasten. Doch die Zahl der Internetnutzer wächst nach wie vor ebenso unaufhörlich wie die digitale Datenflut. Das Marktforschungsinstitut IDC prognostiziert, dass die Menge der jährlich erzeugten digitalen Daten bis zum Jahr 2010 auf 988 Milliarden Giga-Byte anschwellen wird. Das würde bedeuten, dass der Energiebedarf der deutschen Rechenzentren auf 13 Milliarden Kilowattstunden und ihr Kohlendioxidausstoß auf 8,5 Millionen Tonnen steigen könnten.
Einsparungspotenzial
Diese Herausforderungen kann die IT-Branche nicht länger ignorieren. Seit einiger Zeit arbeitet sie daran, Rechner, Peripheriegeräte, Betriebssysteme, Prozessoren und Grafikkarten zu entwickeln, die mit einem Minimum an Energie auskommen. Darüber hinaus geht man immer mehr dazu über, "Thin Clients" einzurichten - das sind Bildschirmarbeitsplätze, die sich einen Rechner teilen. Dadurch kann der Energieverbrauch um bis zu 90 Prozent gesenkt werden.
Das größte Problem sind jedoch die Rechenzentren, wo jeweils Zehntausende von Servern, die ununterbrochen auf Hochtouren laufen, mit immensem Energieaufwand gekühlt werden müssen. Man bemüht sich deswegen, die Auslastung der Rechenzentren zu erhöhen, indem man sie an zentralen Standorten zusammenlegt. Außerdem werden immer mehr "virtuelle Server" eingesetzt. Dadurch ist es ein und denselben Servern möglich, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.
Notebook statt PC
Aber auch jeder einzelne kann einiges tun. So sollte man statt zu Desktop-Computern zu Notebooks greifen, die ein Drittel weniger Energie verbrauchen. Außerdem sollte man auf den Standby-Modus ganz verzichten und sich mit schlichten Hintergrundbildern begnügen. Und schließlich wäre schon viel gewonnen, wenn man von extrem hohen Rechenleistungen beanspruchenden Bilddateien, Multimedia-Elementen, Video-Portalen und Online-Spielen nur dann Gebrauch machte, wenn es sinnvoll ist.