Ein Jahr nach der völligen Liberalisierung herrscht am österreichischen Strommarkt beinahe Status quo. Lediglich zirka 60.000 Haushaltskunden haben den Stromlieferanten gewechselt. "Das entspricht in etwa einer Wechselrate von 1,5 bis 2%", rechnete Florian Haslauer von der international tätigen Managementberatung A.T. Kearney gestern, Dienstag, in einer Pressekonferenz vor. Vor der Marktöffnung hatten noch 10% der Haushalte verkündet, den Vertrag mit ihrem alten Stromversorger kündigen zu wollen.
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Im Rahmen der Gasmarktliberalisierung - am 1. Oktober 2002 fallen hier die Schranken - sei eine ähnliche Entwicklung abzusehen, sagte Haslauer. Laut einer aktuellen Umfrage will sogar nur 1% der Haushalte den Gaslieferanten mit Sicherheit wechseln.
Abgesehen davon, dass nur 6% der mit Gas versorgten Haushalte überhaupt wissen, dass der Markt Anfang Oktober geöffnet wird, ist - wie beim Strom - auch hier der geringe zu erwartende finanzielle Nutzen der wichtigste Grund, um nicht zu wechseln. A.T. Kearney sieht auch noch keine neuen Gasanbieter am Horizont. E-ControlGeschäftsführer Walter Boltz hatte kürzlich gemeint, er rechne damit, dass noch im Herbst Alternativanbieter für Haushaltskunden am Markt auftreten werden.
Die Strom-Wechsler verfügen laut A.T. Kearney nur über zwei markante Charakteristika: Sie haben ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 2.000 Euro im Monat und/oder eine relativ hohe Stromrechnung von über 1.000 Euro im Jahr. Damit würden sie sich signifikant von jenem "Wechsler-Profil" unterscheiden, das vor einem Jahr erstellt wurde: unter 40-jährige Akademiker (oder Fachhochschul-Absolventen) mit einem Einkommen über 2.000 Euro und mit Internetanschluss.
Dass die Wechselbereitschaft innerhalb eines Jahres so deutlich zurückgegangen sei, führt Haslauer auf die starken Kundenbindungsprogramme der traditionellen Stromversorger und auf weniger Werbung seitens der alternativen Anbieter zurück.
Switch: Bereits 15.000 Kunden gewonnen
Der alternative Stromvertrieb Switch, der kürzlich wie berichtet vom steirischen Stromversorger Steweag-Steg mit dem Vorwurf, die Mitarbeiter würden "Keilermethoden" anwenden, konfrontiert wurde, ist mit dem ersten Jahr der Stromliberalisierung zufrieden. "Wir haben derzeit 15.000 Kunden, bis Jahresende werden es 20.000 sein. Damit haben wir die Planzahlen sogar leicht übererfüllt," teilte Geschäftsführer Rene Huber auf Anfrage der "Wiener Zeitung" mit. Dass der Werbeaufwand zurückgeschraubt worden sei, kann Huber für sein Unternehmen nicht nachvollziehen. Switch betreibe sehr wohl weiterhin gezielt in Print- und elektronischen Medien Werbung.