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Strompreisbremse ja, aber richtig

Von Franz Nauschnigg

Gastkommentare
Franz Nauschnigg war bis zu seiner Pensionierung im Mai 2019 Abteilungsleiter für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen in der Oesterreichischen Nationalbank. In den 1990er Jahren beriet er die Finanzminister Andreas Staribacher, Viktor Klima und Rudolf Edlinger.
© Christine Weinberger

Statt die Gewinne der Stromkonzerne auf Kosten der Steuerzahler zu fördern, sollten auch private Haushalte zum Energiesparen gezwungen werden.


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Erstmals werden von der Bundesregierung Maßnahmen gegen die hohe Energiepreisinflation ergriffen. Während allerdings die EU-Kommission die übermäßigen Gewinne der Energieproduzenten abschöpfen und an die Verbraucher verteilen will, zahlen in Österreich bei der von Türkis-Grün beschlossenen Strompreisbremse die Steuerzahler die Differenz zwischen dem Marktpreis von bis zu 40 Cent je Kilowattstunde und dem gesponserten Preis von nur 10 Cent je Kilowattstunde bis zu einem Jahresverbrauch von 2.900 Kilowattstunden. Damit werden die Zufallsgewinne der Stromkonzerne sogar noch gefördert. Es besteht die Gefahr, dass sie - auf Kosten der Steuerzahler - die Strompreise weiter anheben und noch höhere Gewinne machen.

Die Kosten für das Budget werden sich auf 3 bis 4 Milliarden Euro belaufen. Und da die Arbeitnehmer mehr als 80 Prozent der Steuern und Abgaben tragen, bezahlen sie sich die Strompreisbremse im Grunde selbst. Zweitwohnsitzbesitzer werden außerdem doppelt gefördert, und die Haushaltsgröße wird nicht berücksichtigt wird. Durch die hohen Kosten steigen Budgetdefizit und Staatsschulden, und das nächste Sparpaket ist vorprogrammiert. Das Ganze ist auch energiepolitisch schlecht, weil weit mehr als die Hälfte der Haushalte weniger als 2.900 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen und es somit keinen Anreiz zum Stromsparen gibt. Sinnvoller wäre es, folgende Hebel zu bedienen:

Den Stromkonzernen nur die Kosten ersetzen

Bei vielen Stromkonzernen liegen die Kosten unter 10 Cent je Kilowattstunde, bei abgeschriebenen Wasserkraftwerken sogar weit darunter. Nur bei Gaskraftwerken ist die Stromerzeugung teurer. Warum Stromkonzerne dann bis zu 40 Cent erhalten sollen, nur damit sie auf Kosten der Steuerzahler exorbitante Zufallsgewinne erzielen, ist nicht nachvollziehbar. Es würde Milliarden einsparen, den Stromkonzernen nur die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten und den 10 Cent zu ersetzen. Es wäre weniger bürokratisch, als zuerst die übermäßigen Zufallsgewinne steuerlich abzuschöpfen und dann staatlich umzuverteilen. Zusätzlich könnte ein Ausgleichsmechanismus für unterschiedlich betroffene Stromfirmen eingerichtet werden.

Den Ausbau der Strominfrastruktur staatlich finanzieren

Der Staat kann, weil er niedrigere Finanzierungskosten hat, Infrastruktur wesentlich billiger finanzieren als private Unternehmen. Gerade die Finanzierungskosten sind bei der Infrastruktur, aber auch bei Alternativenergien wie Sonnen- und Windstrom, der wesentliche Kostenblock. Der Staat könnte die Energieunternehmen wie in Frankreich verstaatlichen oder das bewährte österreichische Asfinag-Modell auch für den Ausbau der Stromnetze und der alternativen Stromerzeugung mittels staatlichen Investitionen nutzen. Damit könnten auch die Netzkosten drastisch gesenkt werden.

100 Euro jährlicher Energiebonus pro Kind

Um die Nichtberücksichtigung der Haushaltsgrößen weitgehend zu korrigieren, könnte aus den eingesparten Milliarden für jedes Kind ein Energiebonus von 100 Euro pro Jahr zusätzlich ausbezahlt werden, und zwar gemeinsam mit der Kinderbeihilfe ganz ohne zusätzliche Bürokratie.

Strompreisbremse nur für Hauptwohnsitze

Warum die im Durchschnitt wohlhabenderen Zweitwohnsitzer doppelt gefördert werden sollen, ist nicht einzusehen.

Einsparung bei Strom und Gas fördern

Eine Limitierung des gesponserten Strompreises auf die ersten 2.000 statt 2.900 Kilowattstunden pro Jahr würde den Energiesparanreiz stark erhöhen. Diese Begrenzung könnte jährlich um weitere 10 Prozent gesenkt werden. Wird weniger Strom verbraucht, dämpft dies die Nachfrage und damit den Preis. Im Gegenzug sollten auch kleinere Gewerbe- und Industriebetriebe die ersten 2.000 Kilowattstunden pro Jahr zum reduzierten Preis erhalten, in energieintensive Branchen auch mehr. Viele Unternehmen wälzen ihre hohen Energiekosten über die Produktpreise auf die Konsumenten ab. Zu hohe Hilfen würden die Anreize für notwendige Einsparungen beim Gas- und Stromverbrauch verringern. Das Preissignal wirkt, es sollte nicht politisch zu stark gedämpft werden.

Einerseits sollten Investitionen von Unternehmen und Privathaushalten in Energiesparmaßnahmen vom Staat gefördert werden. Andererseits sollten auch Haushalte insbesondere beim Gas zum Sparen und generell zum Verzicht auf fossile Energien gezwungen werden. So wie in der Industrie sollte man darüber nachdenken, auch Privaten das Gas abzudrehen, wenn sie mutwillig mehr verbrauchen als der Durchschnitt der Haushalte. Immobilieneigentümern sollten ab nächstem Jahr 5 Prozent von der Miete abgezogen (und der Abschlag jährlich um weitere 5 Prozent gesteigert) werden, wenn weiterhin mit Öl, Kohle oder Gas geheizt wird. Schlecht isolierte Wohnungen mit einem Wärmebedarf von mehr als 40 Kilowattstunden pro/Jahr je Quadratmeter sollten in Kategorie C eingeordnet werden.

Grünes Gas als kurzfristige Alternative

Wir werden aber viel mehr Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugen und das Stromnetz ausbauen müssen. Grünes Gas - Methan aus Biogas, natürlich nur mit Abfallprodukten und nicht aus eigens angebauten Energiepflanzen erzeugt - kann dabei als Puffer, wenn Wind und Sonne keinen Strom liefern, eine wichtige Funktion erfüllen. Um das beträchtliche Potenzial zu nutzen, gilt es die Biogasproduktion zu fördern. EU-Importzölle von 50 Prozent auf russisches Gas könnten Biogas konkurrenzfähig machen.

Für grünes Gas kann die bestehende Gasinfrastruktur in Österreich, die hervorragend ausgebaut ist, verwendet werden. Das ist ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll. Gängige Gasgeräte funktionieren auch mit grünem Gas. Österreich wäre damit nicht rein vom Strom abhängig. Wie sich jetzt beim russischen Gas gezeigt hat, ist eine übermäßige Abhängigkeit von nur einer Energiequelle negativ.