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Stromschlag für die SPÖ-Kanzlerkandidatin

Von Karl Ettinger

Politik
Von Wien her ziehen Gewitterwolken in Richtung Rendi-Wagner.
© Florian Wieser

Das Milliardendebakel der gemeindeeigenen Wien Energie trifft auch die rote Opposition und Chefin Rendi-Wagner.


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So hatte sich SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner das nicht vorgestellt. Am Montagabend war sie im Zuge der ORF-"Sommergespräche" mit den Chefs der Parlamentsparteien an der Reihe. Dabei war die Chefin der größten Oppositionspartei darauf eingestellt, ihre Angriffe auf die Bundesregierung von ÖVP und Grünen fortzusetzen und wie der Gewerkschaftsbund das Abschöpfen von "Übergewinnen" der Energieversorger zu verlangen.

Nur gut 24 Stunden davor wurde Rendi-Wagner aber von einem kräftigen politischen Stromschlag durchgebeutelt. Ausgerechnet das im Eigentum der roten Stadt Wien stehende Unternehmen Wien Energie musste beim Bund wegen finanzieller Engpässe von rund 1,7 Milliarden Euro betteln gehen.

Finanzministerium breitet Milliardenmisere aus

Am Montag weitete sich die Misere laut Finanzministerium sogar stark aus: "Von Finanzstadtrat Peter Hanke wurde der akute Finanzierungsbedarf der Stadt zur Weiterreichung an die Wiener Stadtwerke GmbH beziehungsweise die Wien Energie Gmbh in einem Brief mit 6 Milliarden Euro beziffert", teilte das Ressort von Minister Magnus Brunner (ÖVP) mit.

Erinnerungen wurden wach an die Finanzaffäre um die seinerzeitige Gewerkschaftsbank Bawag, die ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch im März 2006 den Kopf gekostet hat und in einen notgedrungenen Bawag-Verkauf mündete. Der Energie wurden die explodierenden Gaspreise zum Verhängnis. Bei Bawag wie Wien Energie geht es im Hintergrund aber auch um die Frage, wie fähig Rote in der Praxis sind, Wirtschaftskonzerne mit Milliardenumsätze zu führen. SPÖ und Gewerkschaft liefen und laufen außerdem seit Jahr und Tag gegen Spekulanten Sturm. Daher beeilte sich Aufsichtsratchef Peter Weinelt im ORF-Radio klarzustellen, die Wien Energie betreibe "per Definition keinerlei Spekulation".

In der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße gab man sich zunächst so zugeknöpft wie im Wiener Rathaus um Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Auf Anfrage der "Wiener Zeitung" wurde die Stoßrichtung von SPÖ-Kanzlerkandidatin Rendi-Wagner dann allerdings klargemacht: Das Problem der Wien Energie hänge mit dem "perversen System" des Gaspreise zusammen. Gleichzeitig versucht die SPÖ, den Spieß in Richtung ÖVP und Bundeskanzler Karl Nehammer umzudrehen. Dieser habe sich erst am Sonntagabend für ein Eingreifen auf europäischer Ebene bei der sogenannten Merit-Order-Gaspreisregelung ausgesprochen. Davor sei man in Brüssel gegen Eingriffe in den Markt aufgetreten. Das SPD-geführte Deutschland habe hingegen schon längst einen Schutzschirm für Energieversorger eingerichtet.

Schatten auf mögliche rote Personalalternative Hanke

Die SPÖ mit Rendi-Wagner lag zuletzt in Umfragen kommod um die 30-Prozent-Marke im Bund und damit weit voran. Der turnusmäßige Termin der Nationalratswahl ist aber erst 2024. Die SPÖ profitiert vor allem vom Absturz der ÖVP unter Nehammer auf rund 20 Prozent, bei der Nationalratswahl 2019 waren es mit Sebastian Kurz noch gut 37 Prozent der Wählerstimmen gewesen.

Ein bisschen kann sich Rendi-Wagner freilich ins Fäustchen lachen. Denn Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke war in roten Kreisen als smarter Politmanager und personelle Alternative als SPÖ-Kanzlerkandidat ins Spiel gebracht worden. Nach dem Milliardendebakel bei der Wien Energie ist der Ruf, finanziell alles fest in Händen zu haben, einmal dahin.