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Stromversorger wollen eingeschränkten Regulator

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Die Strommarktöffnung hat nicht die versprochenen Effekte gebracht. Darüber klagen sowohl die Industrie als auch die Versorgungsunternehmen - beide aus unterschiedlichen Gründen. Hat sich die Industrie stark sinkende Preise erhofft, so wurde diese Erwartung enttäuscht. Die Versorger sehen vor allem in der Regulierungsbehörde den Feind der Branche, der die Netztarife senkt und damit die Versorgungssicherheit gefährdet. Deshalb wollen sie den Regulator nicht mehr weisungsfrei, sondern als dem Minister unterstellte Behörde.


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Im Österreich-Konvent, der sich mit der künftigen Verfassung des Landes beschäftigt, wird auch die Rolle der Regulierungsbehörden diskutiert. Vor allem die Stromversorger haben ein massives Interesse, die Kompetenzen und Durchgriffsrechte dieser derzeit weisungsfreien Behörde zu beschneiden. Sie machen sich deshalb für eine Änderung der Behördenorganisation stark.

Regulatoren agieren im rechtsfreien Raum

"Die Regulatoren müssen wieder in den rechtsstaatlichen Bereich integriert werden, derzeit agieren sie im rechtsfreien Raum," Bruno Wallnöfer, Vorstand der Tiroler Wasserkraft AG, bringt damit das Anliegen seiner Vorstandskollegen in den Bundesländern auf den Punkt. Es sei nicht zumutbar, dass die üblichen Rechtsmittel nicht angewandt werden könnten. Allein der Weg zum Verfassungsgerichtshof sei zulässig, und diesen wählen derzeit die Wienenergie, Tiwag, EVN und Bewag, um gegen die neue Stromtarife anzukämpfen.

"Der Regulator hat den Auftrag, uns Netzbetreiber sturmreif zu schießen." Wallnöfer ist überzeugt, dass die E-Control die Tarife solange beschneiden muss, bis viele aufgeben und nur noch wenige Geschwächte übrig sind, die sich dann zu einer österreichischen Netzgesellschaft zusammenschließen.

Begonnen habe die Entwicklung mit Österreichs EU-Beitritt. "Einflussreiche private Lobbies haben von der EU die Liberalisierung klassischer kommunaler Dienstleistungen verlangt und waren damit auch erfolgreich." Wallnöfer ist ein erklärter Gegner dieser Marktöffnungsstrategie. Er vermutet hinter dem Ansatz des "totalen Wettbewerbs" ein zwar nie ausgesprochenes, aber existentes Ziel, nämlich "die nationale Energie- und Infrastrukturwirtschaft zu zerschlagen und deren Marktanteile den privaten Konzernen zuzuführen."

Das neue Modell, das auf einer scharfen Trennung von Erzeugung, Netz und Vertrieb beruht, sei "viel komplexer, krisenanfälliger und teurer als das alte." Gezeigt hätten sich die ersten negativen Auswirkungen in diesem Rekordhitze-Sommer, der den europäischen Stromverbund an den Rand des Zusammenbruchs brachte.

Unzufrieden mit der Entwicklung ist auch Lorenz Fritz, Generalsekretär der IV. Er hält den Regulator mittlerweile für unnütz. "Die Preise sind um 26% gestiegen, wir sind von niedrigen Preisen so weit entfernt wie nie zuvor."