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Frank Stronach rides again. Nach dem - gelinde gesagt - erratischen TV-Auftritt des austro-kanadischen Selfmade-Milliardärs am Dienstagabend könnte man es sich leicht machen und den 79-Jährigen jenem Spott überlassen, der seitdem von allen Seiten über ihn hereinbricht. Zweifellos hat sich Stronach für seine wirtschaftliche Lebensleistung Respekt verdient, seinen Plänen für einen Politikeinstieg droht dieser abhanden zu kommen, bevor sie noch konkret geworden sind.
Hauptverantwortlich dafür ist die Kluft, die zwischen Stronach und dem durchschnittlichen Österreicher entstanden ist, seit jener als 22-jähriger Werkzeugmacher 1954 nach Kanada auswanderte. Seitdem haben Stronach und der gelernte Homo austriacus unterschiedliche Entwicklungen genommen - mental, politisch und wirtschaftlich sowieso. Was die beiden noch verbindet, ist nicht viel mehr als ein vages Gefühl sentimentaler Verbundenheit mit der alten Heimat auf der einen, ein unkonkreter Stolz der Daheimgebliebenen auf einen, der es in der Fremde geschafft hat, auf der anderen Seite.
Wenn Stronach daher live im TV von sich sagt, er wolle nur "meinem Land dienen", dann lebt er jenes Pathos, von dem die Politik jenseits des Atlantiks einen Gutteil ihrer Dynamik gewinnt, das aber in mitteleuropäischen Ohren unmöglich ironiefrei wahrgenommen werden kann. Bestenfalls. Da prallen zwei Welten aufeinander, ohne Chance auf Verständigung. Stronach ist wahrscheinlich ehrlich überzeugt von der Wahrheit seiner Botschaft, von der Aufrichtigkeit seiner persönlichen Motive - in Österreich steht man solchen Begriffen in der Politiker ratlos bis schmunzelnd gegenüber. Unsere Politik ist durch und durch säkular.
Es ist diese unterschiedliche Prägung, nicht die Themen, die einem Erfolg entgegenstehen. Euro-Rettungsschirm, Bürokratie, Parteien-Filz: gegen all das sind FPÖ und BZÖ auch, aber sie haben im Unterschied zu Stronach den Vorteil, Herrn und Frau Österreicher mit all ihren Stärken und Schwächen in- und auswendig zu kennen. Dieses Wissen ist unbezahlbar und lässt sich auch nicht mit noch so vielen Millionen in einem Wahlkampf erwerben.
So gesehen spricht mehr gegen als für einen Erfolg einer Stronach-Partei, sollte eine solche tatsächlich antreten. Für die etablierten Parteien gibt es dennoch keinen Grund, sich und ihre Besitzstände in Sicherheit zu wiegen. Die Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung mit den Parteien ist ein empirisches Faktum. In ihrem Frust entscheiden die Wähler zudem beileibe nicht immer nur nach streng rationalen Kriterien. Und schließlich belebt Konkurrenz das Geschäft, aus Bürgersicht zumindest.