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Strukturelle Faktoren bewirken nachhaltige Inflation

Von Alexander Eberan und Sieglinde Klapsch

Gastkommentare

Auf längere Sicht sind für die Teuerung nicht die jüngsten Nachfrageschocks maßgeblich.


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Die höheren Inflationsraten der vergangenen Monate sind keineswegs ein vorübergehendes Phänomen, sondern es handelt sich um eine Trendwende nach Jahren mit niedrigen Inflationszahlen. Die Inflation erweist sich als hartnäckiger, als es von den Notenbanken kommuniziert wird. Ungeachtet dessen blickt die Weltkonjunktur in den kommenden Jahren einer robusten Phase entgegen.

Die vergangenen fünf Jahre brachten bei vergleichsweise niedriger Inflation einen Kaufkraftverlust des Geldes von insgesamt 15,8 Prozent. Zum Vergleich: Keine einzige Aktie im Aktienindex Eurostoxx 50 hat über diese Zeitspanne eine negative Performance gezeigt. Nur ein halber Prozentpunkt mehr Inflation bedeutet über einen Zeitraum von 20 Jahren einen zusätzlichen Kaufkraftverlust von 10 Prozent. Fazit: Selbst auf den ersten Blick gering scheinende höhere Teuerungsraten wirken sich bei der Vermögensbildung als reale Verluste mindernd aus, wenn man mehr Geld als einen Liquiditätspolster auf Sparguthaben oder Girokonten liegen lässt.

Auf längere Sicht sind für die Inflation nicht die jüngsten Nachfrageschocks maßgeblich. Diese dienen den Notenbanken derzeit als Argument dafür, dass die Teuerung bloß ein temporäres Phänomen sei: Die explorierende Nachfrage hat zuletzt nach den Corona-bedingten Einbrüchen vor allem die Energiepreise empfindlich verteuert. Die Inflation ist etwa in den USA und Deutschland auf 5 bis 6 Prozent geklettert. Nachhaltig auf die Inflation werden sich hingegen andere Faktoren auswirken, allen voran die CO2-Bepreisung, die eine ganze Kette von Produktpreisen - von Stahl bis zu Beton und anderen Materialien - verteuern wird. Ein deutlicher Produktivitätsfortschritt, um CO2-Emissionen zurückzudrängen, fehlt bisher.

Gleichzeitig werden aufgrund der Überalterung der Bevölkerung beispielsweise in Österreich in den nächsten zwölf Jahren rund 550.000 Facharbeitskräfte fehlen, in Deutschland werden es fünf Millionen sein. Diese beiden inflationstreibenden Faktoren - der fehlende technologische Fortschritt und der Mangel an Arbeitskräften - werden nicht vorübergehend sein und können von den Notenbanken nicht durch Schönreden aus der Welt geschafft werden.

Für Investoren und Anleger heißt es nun, den realen Kaufkraftverlust durch die steigende Inflation zu vermeiden. Mit einem Mix aus 50 Prozent breit gestreuten Aktien und 50 Prozent Staats- sowie hoch bewerteten Unternehmensanleihen ist auf Sicht von sieben Jahren ein realer Kapitalerhalt zu erzielen. Um mit dem Portfolio einen Ertrag zu erwirtschaften, müsste die Aktienquote allerdings höher sein. Der Anleger muss mit einem stärker gewichteten Aktienanteil aber die Möglichkeit deutlicherer Schwankungen in Kauf nehmen. In Zeiten guter Konjunktur und steigender Inflation ist ein Aktieninvestment alternativlos, um die negative Realverzinsung zu kompensieren. Freilich immer unter der Prämisse, dass der Anleger bereit ist, mittel- und langfristig investiert zu bleiben und zwischenzeitlich volatile Märkte zu akzeptieren.