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Strukturen für das Klima

Von Renate Christ

Gastkommentare
Renate Christ ist Biologin und hat mehr als zehn Jahre das Sekretariat des Weltklimarats in Genf geleitet.
© Studio Interfoto

Individuelle Verhaltensänderungen reichen nicht, die Politik ist gefragt.


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Die Notwendigkeit einer Transformation im Energiesystem hin zu Erneuerbaren ist uns spätestens seit dem Krieg in der Ukraine schmerzlich bewusst geworden. Neben einer raschen Dekarbonisierung der Energiewirtschaft ist auch eine Reduktion des Bedarfs an Energie und Ressourcen unumgänglich. Der kürzlich erschienene Bericht des Weltklimarates demonstriert das eindrucksvoll. Er kommt zu dem Schluss, dass mit 45 Prozent weniger Primärenergieeinsatz Wohlbefinden für alle erreicht werden kann, und widmet sich eingehend der Frage, wie die Emissionen nachfrageseitig reduziert werden können.

Forscher schätzen dieses Reduktionspotenzial bis 2050 auf 40 bis 70 Prozent. Sie betonen jedoch, dass individuelle Verhaltensänderungen unzureichend sind. Sie müssen durch technologische Neuerungen und Veränderungen vor allem in der Infrastruktur unterstützt und in sozio-ökonomische Rahmenbedingungen eingebettet werden. Klimafreundlich zu leben muss durch Strukturwandel und mutige politische Entscheidungen ermöglicht und erleichtert werden.

Eingriffe beim Verkehr

Vermeiden, verlagern und verbessern sind wichtige Leitmotive, die in Kombination ihre Wirkung entfalten. Transformation im Verkehrssektor erfordert nachfrageseitige Lösungen, kombiniert mit neuen Technologien. Die Emissionen können durch aktive Mobilität wie Radfahren und Gehen, Homeoffice, Videokonferenzen oder Verzicht auf Flüge vermieden werden. Es braucht aber auch strukturelle Eingriffe für eine Verminderung des Verkehrsaufkommens. Dazu gehören eine Raumordnung, die Zersiedelung und vermehrten Bedarf an Mobilitätsservices vermeidet, sowie ein effizientes, benutzerfreundliches Öffi-Netz. Emissionsarme Antriebe wie E-Autos sind wichtig, werden aber allein das Ressourcen- und Klimaproblem nicht lösen.

Städte können klimaneutral werden, und viele haben sich bereits dazu bekannt. Allerdings erfordert dies konsequente politische Entscheidungen auf allen Ebenen. Zentral sind die Dekarbonisierung und Elektrifizierung der städtischen Energieversorgung, einschließlich Wärme, und gut funktionierende Öffis. Unerlässlich ist aber eine deutliche Verringerung des Energie- und Ressourcenbedarfs. Hier spielen strukturelle Aspekte, vor allem eine kompakte urbane Form statt unkontrollierter Ausbreitung ins Umland, sowie Durchmischung von Wohnen und Arbeiten und eine effiziente Raumnutzung eine wesentliche Rolle. Großzügige Grünräume und Wasserflächen heben die Lebensqualität in der Stadt, binden CO2 und schaffen an Hitzetagen Erleichterung.

Im Gebäudebereich spielt die Suffizienz eine immer größere Rolle. Es geht über die klassische Effizienz hinaus und umfasst langfristige technische Lösungen wie Auswahl von Materialien, hocheffizientes, bioklimatisches Design, Multifunktionalität und flexible Nutzungsmöglichkeiten, um auf geänderte Bedürfnisse rasch reagieren zu können, und Umwidmung von Leerstand. Weitere wesentliche Faktoren sind effiziente, langlebige Produkte, Reparaturmöglichkeiten, Beschaffungswesen, Kreislaufwirtschaft und Nahversorgung.

Positive Nebeneffekte

Im Nahrungsmittelsektor bietet eine mehrheitlich pflanzenbasierte Ernährung ein großes Potenzial, und angesichts der Tatsache, dass 30 Prozent der Nahrungsmittel im Müll landen, sind Aktionen gegen diese Verschwendung wichtig. Preissignale und Initiativen, die eine gesunde und klimafreundliche Ernährung sozial akzeptiert und attraktiv machen, spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Nachfrageseitige Klimaschutzmaßnahmen bringen eine Reihe von positiven Nebeneffekten. Behagliches Wohnen, geringe oder keine Heizkosten, bessere Luftqualität, Wohlbefinden durch Bewegung und gesunde Ernährung, und mehr Freizeit statt Stau sind nur einige zusätzliche Vorteile. Sie erfordern allerdings konsequente und rasche Entscheidungen und Gewohnheitsänderungen. Aber sie können sich sehr rasch positiv auswirken.