Die Niederlage bei der Wien-Wahl hat der FPÖ schwer zu schaffen gemacht. Der Kärntner Landeshauptmann, im Wahlkampf eifrigster Helfer von Spitzenkandidatin Helene Partik-Pablé, erkrankte am Sonntag und war für Stellungnahmen nicht mehr erreichbar. Gestern meldete sich Jörg Haider endlich zu Wort und machte die Regierungspolitik für den Absturz verantwortlich. Der FP-Bundesparteivorstand tagte am Dienstag bis Mitternacht. Nach heftigen Diskussionen wurde eine Resolution beschlossen, welche den Fahrplan weiterer Regierungsarbeit festlegt. Eine Strukturreform sei unabdingbar, betonte die Parteivorsitzende Susanne Riess-Passer.
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In Klagenfurt zog Haider, wieder genesen, Bilanz über den Ausgang der Wiener Landtagswahl: "Die FPÖ muss in ihrer Regierungsarbeit Konsequenzen aus der Niederlage ziehen. Ab sofort muss sie Politik mit Herz machen und mehr Rücksicht auf die Anliegen der Bürger nehmen." Die FPÖ müsse aus den Fehlern lernen und sich in besserer Form zurückmelden. Den gerade die Auswirkungen der Bundespolitik hätten der SPÖ ihre Mobilisierungswelle leicht gemacht. "Sparmaßnahmen sind unverzichtbar", bekräftigt Haider, doch käme es auf die Gewichtung an. Die Regierung hätte versäumt "sich bei jenen mehr zu holen, die sich leichter tun". Als Beispiel nannte er die Stiftungen. "Ich will nur dort dreinreden, wo ich sehe, es geht nicht mehr."
Auf die Frage, ob die Regierungsmitglieder zu wenig auf ihn hören, meint Haider: "Vielleicht habe ich früher zuwenig nachdrücklich gesagt, was meine Sorge ist." Die Diskussion um die soziale Treffsicherheit sei "so unnötig gewesen wie ein Kropf." Es ging um fünf Milliarden Schilling: "Die hole ich mir von woanders." Die Budgetsanierung, meinte Haider, habe "keinen Motivationsschub" bewirkt. Der Bürger würde erst dann Verständnis für Sparmaßnahmen aufbringen, wenn er sehe, dass auch in der Verwaltung gespart werde. Hier habe wenigstens die Vizekanzlerin in Bezug auf den Hauptverband der Sozialversicherungsträger ein gutes Zeichen gesetzt.
Haider warf der Regierung auch vor, sie habe die falschen Berater. "Diese produzieren Unsinn", was sie schon in der Zeit der rot-schwarzen Koalition getan hätten. Seine Empfehlung lautet: "Die Politiker sollen endlich lernen, selbst Entscheidungen zu treffen und sich nicht ständig hinter Gutachten verschanzen.
Über die Rolle von Jörg Haider in der Partei wurde während der Sitzung des Bundesparteivorstandes nachgedacht. Der stellvertretende Vorsitzende Hubert Gorbach meinte zur Entwicklung der Partei: "Wir haben 15 Jahre mit Haider an der Spitze." Es stehe ein Emanzipationsprozess bevor. Denn irgendwann - "wenn man weit vorausdenkt" - werde man fragen müssen, wie geht es ohne ihn weiter, auch wenn ein solches Szenario nicht unmittelbar bevorstehe. Die Strukturreform innerhalb der FPÖ bedeute: "Es muss sich die Funktionärsschicht verbreitern und verselbstständigen." Das gelte vor allem für die Top-Schicht.
"Parteireformen sind unabdingbar. Verbesserungen muss es auf allen Ebenen geben", fordert Parteivorsitzende Riess-Passer. Wichtig sei aber das Bekenntnis für den gemeinsamen Kurs. "Es ist notwenig, dass die Partei mit einer Stimme spricht." Sie setzt auf Mitarbeit der Länder beim neuen Kurs, schätzt aber das "öffentliche Hick-Hack" keineswegs und droht via News sogar mit Rücktritt: "Wir enden dort, wo die ÖVP mit Obmann-Schlachten nach jeder Wahl war."
Die Sanierungswelle sei beim Wähler nicht gut angekommen und habe vor allem freiheitliches Klientel verunsichert, lautet die Analyse. "Tempo ist nicht die oberste Maxime." Wichtiger sei es, die Reformen gut vorzubereiten und deren Notwendigkeit zu vermitteln. Für 2003 versprach sie eine drastische Vereinfachung des Steuersystems.