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Strukturreform vor Bettenabbau

Von Walter Hämmerle

Politik

Um 250 Mio. Euro soll und will der Hauptverband der Sozialversicherungsträger bei der Spitalsfinanzierung ab 2005 entlastet werden. Da trifft es sich gut, dass Österreich im Bereich der Akutbetten über eine beachtliche Überkapazität verfügt. Vor dem Bettenabbau, so die für den stationären Bereich zuständigen Länder, müsse jedoch eine Strukturreform stehen.


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Die 250 Mio. Euro stehen im Regierungsübereinkommen. Eine Summe, auf die der Sprecher der Geschäftsführung im Hauptverband, Josef Kandlhofer, natürlich nicht verzichten will - und angesichts der eigenen Finanznöte auch gar nicht kann.

Der Weg zu diesem Ziel führt über den Abbau von Akutbetten. Die hier bestehende Überversorgung ist weithin unbestritten: Im EU-Durchschnitt kommen auf 1.000 Einwohner 4,2 Akutbetten, Österreich liegt mit 6,3 Betten rund 50 Prozent darüber. Absolut verfügt Österreich derzeit über rund 60.000 Akutbetten. Deren Auslastung liege bei recht mageren 66,6 Prozent, erklärt Kandlhofer.

Für ihn liegt das Problem in der Verantwortlichkeit der Länder für den stationären Bereich. "Dort, wo die Länder zuständig sind, haben wir Überkapazitäten, wo der Bund verantwortlich ist, etwa im niedergelassenen Bereich, liegen wir im EU-Schnitt oder sogar darunter."

Davon, dass im Bettenbereich noch einiges Sparpotenzial existiert, ist auch einer der Vordenker im Gesundheitsbereich, Vorarlbergs VP-Landesrat Hans-Peter Bischof, überzeugt. Seiner Ansicht nach sind rund 15 Prozent des Bestands abbaubar. Allerdings erst dann, wenn auch die Strukturen des Gesundheitssystems darauf ausgerichtet sind. "Derzeit wird viel zu viel stationär gemacht."

Im Fall eines Bettenabbaus ohne vorherige strukturelle Weichenstellung sind für Bischof Qualitätsverluste im Gesundheitsbereich unvermeidlich: "Dann fährt das System gegen die Wand." Die Folgen einer solchen Politik könne man derzeit im benachbarten Schweizer Kanton St. Gallen und in Deutschland beobachten, wo massiv Leistungen gekürzt werden.

Entsprechend wenig Begeisterung hegt der Gesundheitslandesrat für das Vorgehen des Hauptverbandes. Schließlich finde sich im Regierungsübereinkommen nicht nur der Passus mit den 250 Mio. Euro, sondern auch einer, der eine Strukturreform vorsehe. Die Lösung sieht Bischof in der Aufhebung der Schnittstellen zwischen niedergelassenem und stationärem Bereich. Hier läuft mit dem "Landesgesundheitsfonds" bereits seit einigen Monaten ein entsprechender Pilotversuch mit dem Ziel, Planung, Steuerung und Finanzierung im Gesundheitsbereich wieder in einer Hand zusammenzuführen.

Einen Bettenabbau aus rein finanziellen Erwägungen lehnt man auch in Wien ab. SPÖ-Gesundheitsstadträtin Renate Brauner strebt hier für die Zeit nach 2005, wenn der derzeit gültige Spitalsbettenplan ausläuft, eine "Umstrukturierung mit dem Ziel an, eine bestmögliche medizinische Versorgung der Wiener Bevölkerung sicherzustellen". Die finanziellen Rahmenbedingungen dafür verhandelt derzeit Finanzstadtrat Sepp Rieder im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen mit dem Bund.