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Studenten statt Häftlinge in Stein?

Von Petra Tempfer

Politik
Inmitten der Altstadt von Stein: die Justizanstalt, die rund 750 Häftlinge beherbergt.

Ministerium: Plan ist nicht realistisch, Neubau würde 250 Millionen Euro kosten.


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Krems. Werden da, wo heute Häftlinge ihre Strafe abbüßen, künftig Studenten durch die Gänge wandeln? Und dort, wo Beamte das Geschehen bewachen, Professoren ihre Prüflinge kontrollieren? Die Rede ist von der Justizanstalt Stein, über die gemunkelt wird, dass die benachbarte Fachhochschule (FH) Krems wegen akuter Platznot mit einer Expansion in das 57.000 Quadratmeter große Areal liebäugelt. Sogar ein Projekt für die Übersiedelung des Gefängnisses auf den ehemaligen Frachtenbahnhof gibt es schon. Der Einzug der FH auf das Gelände der Justizanstalt wäre zumindest für FH-Geschäftsführer Heinz Boyer aufgrund der räumlichen Nähe die "innovative und logische" Konsequenz.

Schmiegt sich doch die FH auf dem Campus Krems eng an das Gefängnis in Stein, einem Kremser Stadtteil. "Der Campus im Norden, die weiter südlich gelegene Kunstmeile und das an der Donau gelegene Schifffahrtszentrum ,Tor zur Wachau‘ bilden eine Achse, die die drei Säulen, auf denen Krems steht, abdeckt: Bildung, Kultur und Tourismus. Dazwischen liegt die Strafanstalt", sagt Boyer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Eine Expansion sei unumgänglich, die Justizanstalt naheliegend. Denn sobald neben der FH und der postgradualen Donau-Universität auf dem Uni-Campus die geplante medizinische Privatuniversität stehen wird, "sind wir voll".

"Die Justizanstalt ist ein Störfaktor: Sie ist nicht ganz so schick", bringt es Anstaltsleiter Christian Timm auf den Punkt. Daher rühren seiner Ansicht nach die Expansionswünsche vonseiten des FH-Geschäftsführers.

Für Timm unverständlich, denn: "Wir waren zuerst da. Die Justizanstalt wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Betrieb genommen, damals war es das einzige Gebäude weit und breit. Rundherum gab es nur Weingärten. Die FH hat sich dazugebaut - dass ihr einmal der Platz ausgeht, hätte sie sich vorher überlegen sollen." Zudem sei ein Teil der Justizanstalt denkmalgeschützt - diese auf eine FH umzurüsten, wäre ein schwieriges und vor allem teures Unterfangen.

Wirtschaftsfaktor Gefängnis

Peter Prechtl vom Justizministerium beruhigt. Der Plan entbehre jeglicher Grundlage und Realität. "Ein Neubau würde 250 Millionen Euro kosten", sagt er. Ein schlagendes Argument - zudem würde er sämtliche, bisher getätigte Investitionen sinnlos machen. Erst vor kurzem wurden 3,5 Millionen Euro in Sanierungsarbeiten investiert, seit 1970 waren es insgesamt rund 100 Millionen Euro. Weitere Investitionen sind laut Prechtl konkret geplant: Bis 2017 sollen Küche und Wäscherei erneuert und die Nassräume in den Hafträumen nachgerüstet werden.

Das Gefängnis ist zwar eine reine Bundeseinrichtung - die Kremser Bürgermeisterin Inge Rinke ortet dennoch ein Problem, das die Stadt betreffen würde: "Die Justizanstalt ist mit 360 Mitarbeitern einer der größten Betriebe unserer Stadt und damit ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor. Das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen."

Um dieses Argument auszuhebeln, hat allerdings Andreas Ebner vorgesorgt. Im Zuge einer Projektarbeit hat der Baumeister, der auch an der Donau-Universität unterrichtet, mit Studenten ein Konzept zur Nachnutzung des Kremser Frachtenbahnhofs erstellt. Derzeit wird hier Schrott verwertet. "Die Justizanstalt könnte hier angesiedelt werden, um das frei werdende Grundstück in Stein einer höherwertigen Nutzung zuzuführen", meint er. Somit blieben Krems nicht nur die Arbeitsplätze erhalten, sondern das Gefängnis könnte auch mit den modernsten Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet werden. Dass die rund 750 Häftlinge dann direkt neben dem Lärm des Hauptbahnhofs leben würden, ist laut Ebner kein Gegenargument: "Ein Gefängnis ist eben kein Hotelbetrieb."

Jenes in Stein, das laut Timm stets ausgelastet ist, ist allerdings die größte Strafvollzugsanstalt Österreichs. "Es wäre sinnvoller, das als Bereicherung zu sehen und stolz darauf zu sein. Die Justizanstalt passt zum Campus - wenn man sie nur richtig begreift."