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Befragung unter Folter "fördert Vergesslichkeit". | "Kaum verlässliche Informationen." | Washington/Wien. Die von der CIA angewandten Foltermethoden waren laut einer neuen Studie nicht nur illegal und moralisch verwerflich: Sie haben vor allem ihrem Ziel - im Kampf gegen Terror nützliche Informationen zu gewinnen - nicht gedient.
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Die Studie, die im Wissenschaftsmagazin "Trends in Cognitive Sciences" veröffentlicht wurde, weist nach, dass die CIA-Interviewtechniken die "Befragten" in ihrer Gedächtnisleistung derart eingeschränkt haben, dass eventuell vorhandene, für die US-Armee brauchbare Informationen nicht reproduziert werden konnten.
Die von Ex-US-Präsident George W. Bush genehmigte und von seinem Nachfolger Barack Obama verbotene Methodik hätte die Verhörten unter Umständen bewogen, Erinnerungslücken durch erfunden Geschichten auszufüllen, so die Studie. Dieses Phänomen sei beispielsweise bei Alzheimer-Patienten als Konfabulieren bekannt. Die durch "harte Verhörmethoden" gewonnen vermeintlichen Erkenntnisse könnten die US-Streitkräfte zuletzt also eher in die Irre geführt denn der Verhinderung von Terroranschlägen gedient haben.
Bekannt ist, dass US-"Verhör-Experten" in Afghanistan, im Irak und auf Guantanamo versucht haben, die Häftlinge durch verschiedene Verfahren psychisch zu brechen. Methoden, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Psychologen erfunden und im Korea- und Vietnam-Krieg fallweise auch getestet wurden, die in der neuen Studie aber als "biologisch kontraproduktiv" bezeichnet werden. Die zu Verhörenden wurden etwa isoliert, an durchgehendem Schlaf gehindert, permanenten Licht- und Lärmquellen ausgesetzt und gezwungen, lange Zeit gefesselt in schmerzhafter Körperhaltung zu verharren. Zudem versuchte man, die Häftlinge auf verschiedene Arten zu demütigen. Bei der CIA herrscht bis heute die Auffassung - wie in dem Buch "Folter. Auf dem Weg in ein neues Mittelalter" von Alexander Bahar nachzulesen ist -, dass der Verhörte durch derartige Behandlung in ein infantiles Stadium zurückfällt und jene im Erwachsenenalter erworbenen Persönlichkeitsmerkmale verliert, die ihm unter normalen Umständen ein Leugnen ermöglicht hätten.
Hinweise, dass diese von der CIA aufgestellte Rechnung nicht aufgeht, gab es bereits in der Vergangenheit. So berichtete ein muslimischer Geistlicher, er habe Guantanamo-Häftlinge beobachtet, die zwar ohne Unterbrechung kindlich anmutende Lieder gesungen, sonst aber nur "kompletten Unsinn" geredet hätten.
Die nun veröffentlichte Studie geht davon aus, dass durch die US-Verhöre bei den Opfern bleibende Schäden angerichtet wurden.