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Studiengebühren: Bitte mehr vom Gleichen!

Von Engelbert Washietl

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Die temporären Kursschwankungen von SPÖ-Landeshauptleuten haben wenigstens eines gezeigt: Nachdenken ist zwar möglich, wird aber nicht erlaubt.


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Schon wieder ein Machtwort des Bundeskanzlers Werner Faymann beziehungsweise seiner Chefin für sozialdemokratische

Öffentlichkeitsarbeit, Laura Rudas: Über Studiengebühren für die finanziell unterversorgten, aber überlau-fenen Hochschulen wird nicht länger diskutiert. Die SPÖ hält sich an Grund-

sätze.

Die Treue gilt freilich den in der denkwürdigen Nachtsitzung des Nationalrats vom 24. auf 25. September 2008 gewickelten Wahlzuckerln im Gesamtwert von nahezu drei Milliarden Euro. Mit der Aufhebung der Studiengebühren wurden auch der Zugang zum Hochschulstudium gelockert, eine 13. Familienbeihilfe beschlossen, die Mehrwertsteuer auf Medikamente halbiert. Und als die Abgeordneten um vier Uhr Früh schon im Trancezustand waren, stimmte die SPÖ-Fraktion gleichzeitig für und gegen das Auslaufen der Hacklerregelung, woraus aber nur folgen konnte, dass diese

teure und ungerechte Form der Frühpension erhalten bleibt.

In der Bildungspolitik ist die SPÖ-ÖVP-Koalition seither blockiert. Sie besteht perspektivlos auf Parteigrundsätzen in der Hochschulfrage, zermürbt sich im Kampf für und gegen die Gesamtschule und im Streit um die Zuständigkeit für die Lehrerbesoldung. Zugleich klammert sie die nach Pisa-Erkenntnissen wichtigste Bildungsmaßnahme aus der Diskussion aus, nämlich die Einführung der Ganztagsschule als Ausgleich familiärer Bildungsdefizite.

Dabei waren die Vorstöße der SPÖ-Landeschefs Michael Häupl, Gabi Burgstaller, Franz Voves und Hans Niessl gegen die Parteilinie nicht einmal eine samtene Revolte, sondern bloß der unkoordinierte Ausdruck der Unzufriedenheit mit der bildungspolitischen Betonfraktion der

eigenen Partei. Niessl schränkte den Kreis potenzieller Leistungsträger in der Studentenschaft sicherheitshalber überhaupt auf jene ein, "die mit dem Mercedes zur Uni oder in die Fachhochschule kommen". Das klang wie bei der Reichensteuer nach Klassenkampf unter Vernachlässigung der Ertragsperspektive. Realpolitisch schien dahinter freilich für den kurzen Tagesgebrauch mehr zu stecken. Entlang der Klassenkampfrhetorik ließe sich, wenn vife Politiker am Werk sind, ein unauffälliges Szenario für den Ausstieg aus nicht haltbaren "Grundsätzen" entwickeln. Damit ist es aber jetzt schon wieder vorbei.

Lediglich Gabi Burgstaller, die in dem Konzert zeitlich die Erste war, scheint nicht locker lassen zu wollen. Sie hält das derzeitige Studiensystem für sozial ungerecht und vermutlich auch ineffizient im Sinne der Studienerfolge. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer erklärte wenigstens noch, dass eine Diskussion über alles, also auch über Studiengebühren, möglich sein sollte. Bitte noch mehr vom Gleichen, obwohl die Lage seit Dienstag ziemlich hoffnungslos ist. Die Diskussion dürfte, selbst wenn sie anhält, in den für Österreichs Innenpolitik typischen Kreis- und Leerlauf münden. In diesem bewegt sich auch der Koalitionspartner ÖVP gekonnt durch Treten auf der Stelle: Er nimmt die vom Bundeskanzler vorgegebene Linie schmerzlich zur Kenntnis. Das wars dann für die nächsten drei Jahre. Es gibt seit der Nationalratswahl 2008 keinen Beleg dafür, dass die Regierungskoalition für das geeignet wäre, wofür sie gerufen wurde: große und dringend nötige Aufgaben anzupacken.

Der Autor ist Sprecher der

"Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Journalist für "Wirtschaftsblatt", "Presse" und "Salzburger Nachrichten".