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Studiengebühren: Karl zeigt sich von SPÖ-Nein unbeeindruckt

Von Brigitte Pechar

Wissen

ÖVP-Ministerin fordert von Kanzlerpartei "konstruktiven Beitrag". | SPÖ beharrt auf Gebühren-Nein. | Wien. Die Studiengebühren bleiben ein Thema - zumindest für Wissenschaftsministerin Beatrix Karl. Sie will bereits kommende Woche mit den Rektoren ihr Gebührenmodell weiterentwickeln. Die SPÖ bleibt aber weiterhin bei ihrem Nein. "Die ÖVP weiß seit zwei Jahren, seit den Koalitionsverhandlungen, dass es mit der SPÖ keine Studiengebühren geben wird", sagte Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl zur "Wiener Zeitung".


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Dem hält Karl entgegen, dass Bundeskanzler Werner Faymann immer wieder von jenen, die sich mehr leisten könnten, einen höheren Beitrag einfordere. Sie frage die SPÖ: "Wie kommen Arbeiter dazu, das Studium der Betuchten zu finanzieren?" Jedenfalls, so Karl zur "Wiener Zeitung", erwarte sie "einen konstruktiven Beitrag der SPÖ".

Die Ministerin ist auch offen für Alternativen zu ihrem Modell seitens der Rektoren: "Das ist nicht in Stein gemeißelt. Wenn andere Lösungen kommen, bin ich offen dafür." Karl hatte vorgeschlagen, dass Studierende künftig pro Lehrveranstaltung, genau gesagt pro ECTS-Punkt, bezahlen sollen. Im europäischen Bachelor-System haben alle Lehrveranstaltungen eine gewisse ECTS-Punkteanzahl; für einen Bachelor-Abschluss braucht man 180 ECTS-Punkte. Die Höhe der Gebühr pro ECTS-Punkt will Karl den Universitäten überlassen, allerdings mit einer Obergrenze. Für Bürger von Drittstaaten könnte der Beitrag aber doppelt so hoch sein.

Karls Plan: Zahlen pro Lehrveranstaltung

Die Unis brauchen laut Karl ab 2013 jährlich 250 Millionen Euro mehr, "sonst müssten sie zu drastischen Maßnahmen greifen". 150 Millionen davon könnten aus Studiengebühren kommen, 100 Millionen Euro aus dem Budget. Finanzminister Josef Pröll kann sich vorstellen, diese Mittel aus der Ökologisierung des Steuersystems zur Verfügung zu stellen.

Dass die Abrechnung nach einem Punktesystem ein zu hoher bürokratischer Aufwand wäre, sieht die Ministerin nicht, schließlich gebe es heute überall EDV-Systeme. Außerdem ist sie überzeugt, dass sie mit ihrem Modell der alten Kritik den Wind aus den Segeln nimmt: "Es wurde kritisiert, dass man ein Semester bezahlt und dann in bestimmten Seminaren keinen Platz hat. Nach meinem Vorschlag bezahlt man nur die Lehrveranstaltungen, die man tatsächlich besucht."

"Dieses Modell wäre eine Rolle rückwärts in das alte System der Prüfungstaxen", kritisierte Kuntzl. Besonders für engagierte Studierende, die mehr Kurse als gefordert besuchen, wäre das Karl-Modell ein Nachteil. Die Finanzierung der Universitäten müsse aus dem allgemeinen Steueraufkommen erfolgen.

Allerdings ist der Anteil der staatlichen Zuschüsse am Gesamtbudget der Universitäten in Österreich im Europa-Vergleich mit 78 Prozent verhältnismäßig hoch. Im Durchschnitt beträgt der Anteil der staatlichen Kernfinanzierung nur 67 Prozent, wie eine im Auftrag der EU-Kommission erstellte Studie zeigt. Demgegenüber erlösten die österreichischen Unis 2008 nur 6 Prozent ihres Budgets aus - den damals noch vorgeschriebenen - Studiengebühren (Europa-Schnitt: 12 Prozent) und 16 Prozent aus Drittmitteln (Europa-Schnitt: 21 Prozent).

Hans Pechar, Experte für Hochschulfinanzierung, hält das Modell Karls für sinnvoll, weil es Teilzeitlösungen zulasse. Man könne aber überlegen, Vollzeit-, Halbzeit- und Drittel-Pakete anzubieten, um die Bürokratie einzudämmen.

Herausforderung Sozialverträglichkeit

Die entscheidende Frage bei der Diskussion der verschiedenen Studiengebührenmodelle sei aber, wie eine Sozialverträglichkeit hergestellt werden kann, sagt Pechar. Im alten System hätten Studierende, die ein Stipendium erhalten und daher als sozial förderungswürdig gegolten haben, keine Studiengebühren bezahlt. "Immerhin 25 Prozent waren so von Gebühren befreit."

Nicht nur in Österreich werden Studiengebühren diskutiert. Schweden bittet ab Herbst Nicht-EU-Bürger zur Kasse: Rund 10.000 Euro müssen diese berappen. In England hat New Labour unter Tony Blair Studiengebühren in Höhe von 3000 Pfund eingeführt.

Ein spezielles Modell hat Australien entworfen. Dort liegen die Studiengebühren bei etwa 6000 Australischen Dollar pro Jahr. Allerdings gibt es dafür ein Darlehen, das erst nach Studienabschluss, je nach Einkommen, zurückgezahlt werden muss. In Deutschland hat jedes Bundesland eine andere Regelung, grosso modo kann man sagen, dass in SPD-regierten Ländern keine Gebühren verlangt werden, in CDU- oder CSU-regierten sehr wohl.