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Am Montag erhalten Faymann und Spindelegger Placet für Koalitionsverhandlungen - mit vielen Wünschen...
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Wien. Fix fertig lag er da, der rot-schwarze Koalitionspakt des Jahres 2000. Doch einer verweigerte die Unterschrift: Rudi Nürnberger, mächtiger Boss der Metallergewerkschaft und Vertreter der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG). Der Rest war Schwarz-Blau.
Alle Räder stehen still, wenn der starke Arm es will, das gilt eben auch für Regierungsbildungen. Die Gewerkschaft hat über eine Million Mitglieder, die Chefs der wichtigsten Sparten sitzen im Parlament. In den Verhandlungen wird FSG-Chef Wolfgang Katzian eine wichtige Rolle spielen. Ob auch die Arbeiterkammer eine Stimme im Verhandlungskanon haben wird, ist noch offen.
Lobby der "kleinen" Leute
2000 ließ die ÖVP-Forderung, das Finanzministerium zu bekommen, Nürnbergers Kragen platzen. Doch seit 2006 hat sich in der großen Koalition die Praxis durchgesetzt, dass der Juniorpartner das mächtigste Ministerium bekommt. Das heißt: die ÖVP.
Massiv lobbyieren werden die Vertreter der "kleinen Leute" deswegen eher für ihre Leibthemen Arbeitsplätze, Steuern, Bildung. Welche roten Linien Katzian oder der Gewerkschaftsbund (ÖGB) ziehen, verraten sie jetzt noch nicht. Katzian will so viel Punkte des SPÖ-Wahlprogrammes "111 Projekte für Österreich" wie möglich umgesetzt sehen.
Eine eindeutige Haltung hat der ÖGB beim Reizthema Studiengebühren: Die sind aus Sicht des ÖGB ein "No-Go". Sie sind aber ein Liebkind des künftigen Koalitionspartners ÖVP. 2001 von dieser wieder eingeführt, hielt der SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer 2006 daran fest, erst sein Nachfolger Werner Faymann kippte sie. Bei der Bildung wird die Gewerkschaft außerdem auf die gemeinsame Schule der 10- bis 15-Jährigen pochen. Lehrabschlüsse sollen im Vergleich zur Matura aufgewertet werden, sonst heißt es eher allgemein: "Wir müssen die Bildung gesamtheitlich betrachten, von der Ausbildung der ganz Kleinen im Kindergarten über die Schule zu den Universitäten."
Lobby der Arbeitnehmer
"Die nächste Regierung muss Arbeitsplätze schaffen. Hohe Beschäftigung ist der Schlüssel zur Finanzierung des Sozialsystems aber auch für Steuereinnahmen, und zwar hohe Beschäftigung mit guter Bezahlung und guter sozialer Absicherung." Konkret wünscht man sich Investitionen in die Bauwirtschaft, in die Kinderbetreuung und die Pflegeeinrichtungen. Das soll - neben den neu geschaffenen Jobs in ganztägigen Kindergärten und Schulen -die Beschäftigungsquote bei Müttern heben.
Bei den Steuern folgt auch der ÖGB der Devise: Mehr Netto vom Brutto. "Tarifstufen und Freibeträge sollen an die Inflation angepasst werden, damit die jährlichen Lohnerhöhungen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern landen und nicht beim Finanzamt."
Woher das Geld kommen soll, hat der ÖGB beim Bundeskongress im Juni klargemacht. Dort wurde massiv für Vermögensteuern lobbyiert. Die SPÖ will eine Erbschaftssteuer und eine Vermögensteuer ab einer Million. Das Modell des ÖGB sieht noch niedrigere Grenzen vor. Ob Katzian, dem ÖGB und anderen Arbeiternehmervertretern eine der beiden Steuern reicht oder ob sie gar auf beide verzichten, wenn stattdessen die Grundsteuer erhöht wird, ist nicht absehbar.
Lobby der Mieter
Den Kampf für "mehr Verteilungsgerechtigkeit" betreibt die AK mit einer eigenen Kampagne seit Monaten. Die Eckpunkte, die AK-Präsident Rudolf Kaske für die Verhandlungen definiert, decken sich mit der ÖGB-Linie. Sein Forderungskatalog: Arbeit schaffen durch Investitionen, finanziert durch vermögensbezogene Steuern; Steuern auf Arbeit senken, um Kaufkraft zu stärken; Schub im Wohnbau, für leistbares Wohnen; bessere Bildungschancen für die Kinder.
Lobby der Pensionisten
Der SPÖ-Pensionistenverband, der 395.000 Menschen vertritt, pocht auf eine volle Teuerungsabgeltung im kommenden Jahr und zusätzliche Maßnahmen für die ganz kleinen Pensionen. Das sei "Teil unseres Kampfes gegen Altersarmut", hieß es. Um das Arbeiten bis zum Pensionsantrittsalter zu ermöglichen, setzt sich Karl Blecha mit seinem Verband auch dafür ein, eine alters- und alternsgerechte Arbeitswelt zu schaffen: Jobs, die der Leistungsfähigkeit entsprechen. Und nicht zuletzt fordern die SPÖ-Pensionisten eine "rigorose Teuerungsbekämpfung". Schärfere Gesetze sollen Preistreiberei verhindern.
Fotos: apa