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Studienreisen können steuerlich riskant sein

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Die Vorsaison lockt, es locken die letzten sonnigen Wochen im Schnee und es locken günstige Arrangements in den Tourismuszentren. Die Vorsaison ist die Zeit der forcierten beruflichen Weiterbildung. Vorträge, Seminare, Konferenzen bieten sich an, jede Berufsgruppe findet ihre passende Fortbildungsveranstaltung in passend gelegenen Tagungsorten. Der Bildungsdrang wird durch die Aussicht verschönt, die Kosten der Studientage in freundliche Steuerabsetzposten ummünzen zu können. Eine Verlockung, die freilich Enttäuschungen riskiert.


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Vier eherne Gesetze hat das Höchstgericht schon vor Jahren festgeschrieben und die Finanz zieht sie bei jeder Prüfung von Studienreisen als Maßnormen heran. An diesen vier Gesetzen entscheidet es sich, ob die Finanz die bezüglichen Steuerabsetzposten anerkennen kann oder - wie häufig - ablehnen muss: 1. Planung und Durchführung der Reise muss lehrgangsmäßig oder sonst wie überwiegend beruflich bedingt erkennbar sein. 2. Die Reise muss das Erwerben von Kenntnissen ermöglichen, die vom Teilnehmer konkret beruflich verwertet werden können. 3. Die Studienreise muss derart einseitig auf die Berufsgruppe des Teilnehmers zugeschnitten sein, dass andere Personen gar nicht auf die Idee kommen, daran mitzunaschen.

Fulltime-Fortbildung

Der vierte Punkt ist wahrscheinlich der wichtigste dieser fiskalischen Binsenweisheiten. Er will die Veranstaltungsteilnehmer derart in den Programmablauf der wissensvermittelnden Darbietungen einzementieren, dass sie sich wie im Korsett des Berufsalltags fühlen müssen. Es muss eine berufliche Fulltime-Unternehmung sein, an der der Wissensdurstige teilnimmt, und die an- und umschließenden Freizeitmöglichkeiten müssen nebensächlich sein. So will es das Höchstgericht und so will es (hinterher) auch der Fiskus an den vorgelegten Unterlagen erkennen können. Am Ort der Vorträge, Seminare und Konferenzen will die Finanz also emsige berufliche Erleuchtung vermittelt sehen - mindestens acht Stunden am Tag, mindestens 40 Stunden die Arbeitswoche. Das heißt nicht, dass alle Seminarteilnehmer nach des Tages Wissenserwerb am Studienort kontemplativ und keusch vereinsamen müssen. Aber Freizeitspaß ist erst hinterher und nur sehr restriktiv erlaubt.

Seriöser Programmablauf

Hier sind vor allem die Veranstalter gefordert, einen seriösen Programmablauf vorzugeben und dem künftigen Antragsteller vor dem Finanzamt eine Brücke zu bauen. Ein Vortragsprogramm, das am späten Vormittag beginnt, mittags von 12 bis 16 Uhr unterbrochen wird und erst danach noch einige Proformareferate vorsieht, ist gegenüber den Teilnehmern steuerlich unfair; der Widerstand des Finanzamts bei der Anerkennung der Veranstaltungskosten ist vorprogrammiert. Das musste vor kurzem auch eine oberösterreichische Kinderärztin erfahren, der das Finanzamt anhand eines solchen Ablaufschemas vorhielt, die überlange Mittagspause sei in Wahrheit zur ausreichenden Freizeitgestaltung vorgesehen worden - ein Vorhalt, der gerade in Wintersportorten kaum zu entkräften ist. Von der Summe der Kosten (Reise, Aufenthalt) wurde letztlich lediglich die Teilnahmegebühr an der Veranstaltung anerkannt.

Vorsorgliche Notizen

Gewiefte Seminarbesucher stellen sich deshalb von vornherein auf die möglichen Einwendungen penibler Finanzprüfer vorsorglich ein. Sie halten jeden Vortragsbesuch im Kalender akribisch fest (und es kommt wirklich jedes Referat darin vor!). Schon während der jeweiligen Vorträge machen sie sich schlagwortartige Notizen (eine ganz wertvolle Nach-weisunterlage) und hinterher sprechen sie womöglich auch noch mit den Dozenten, um Verständnislücken zu schließen - wiederum mit Notiz. Hinterher kaufen sie sich auch noch die Tonbandkassette am Seminarshop, um ihre Notizen zu Hause zu fixieren. So emsig können steuerbewusste Bildungshungrige sein.

Von besonderem (Nachweis-)Wert sind die Arbeitsunterlagen, die bei der Seminarveranstaltung verteilt werden. Da finden sich nicht nur die schriftlichen Referatspapiere (vom Teilnehmer vollgekritzelt mit Bemerkungen und Hinweisen), sondern auch der Stundenplan der Seminarreihe; aus ihm ist der anstrengende Vortragszyklus erkennbar, der den geschafften Teilnehmer am Abend nur mehr todmüde ins Bett kippen ließ. Die Einladungskarten zu den jeweiligen Skiwettbewerben und Apres-Ski-Abenden müssen nicht aufgehoben werden.

Gefährlich: Anschlussurlaub

Häufig kommt es vor, dass die geschlauchten Studienreisenden nach Veranstaltungsschluss noch einen kurzen Erholungsurlaub anhängen wollen; schließlich müssen die An- und Rückreisekosten ja auf jeden Fall getragen werden. Steuerlich falsch gedacht. Die zusätzliche Verschnauf- und Erholungspause wird von der Finanz nicht nur nicht goutiert: Sie macht die gesamte Studienreise, also auch den "echten" Fortbildungsaufenthalt zum Privatvergnügen und damit zum Streichposten in der Steuererklärung.

Auch die gelegentlich mitreisende Ehefrau kann - pardon - eine gut geplante Fortbildungsreise manchmal zum steuerlichen Nonvaleur werden lassen. Wenn die Partnerin beruflich in der gleichen Profession tätig ist, kann man die Reiseteilnahme im Regelfall plausibel argumentieren. Ist sie berufsfremd, im ehelichen Betrieb "bloß" mittätig, dann sind ihre Mitreisekosten nicht absetzbar; auch dann nicht, wenn sie - etwa als fremdsprachenkundige Übersetzerin oder als attraktive Gesprächspartnerin in den Anschlussrunden - ihrem Gatten bei der Wissenserweiterung gute Dienste leistet.