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Eine militärische Breitband-Diskussion im Bundesrat. Verteidigungsminister Werner Fasslabend stellte sich am 18. März einer Fragestunde, die aktuelle Widersprüche der Wehrpolitik widerspiegelte.
Zunächst die schon endlose Geschichte Heeresnachrichtendienste, Abwehr und Aufklärung und deren künftige Rechtsgrundlage. Kurioses aus der Langzeitdebatte Neutralität versus NATO, Hubschrauber-Käufe,
Kasernen-Verkäufe und ein Kapitel aus der laufenden Heeres-Chronik: Wie ist denn das mit den Frauen im Heer?
Kontrolle und andere Geheimnisse
Der Vizeleutnant Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg) eröffnete die Stunde der Militärs in der Länderkammer mit dem Thema Militärbefugnisgesetz. Eine Frage nach den sogenannten wesentlichen Inhalten.
Werner Fasslabend meldete Fortschritte von der logistischen Front. Der Entwurf habe deutlich an Qualität gewonnen, denn die Rechtsansprüche der Heeresagenten der Abwehr und der Aufklärung würden
sicherlich politisch und rechtlich hinreichend rechtsstaatlich begleitet. Der politische Militärchef sieht im Kontrollausschuß für Heeresdienste und in der geplanten Position eines
Rechtsschutzbeauftragten genug Mechanismen, die Heeresagenten an der Verfassungsleine zu halten.
Die wehrpolitische Diskussion in der Länderkammer stand am 18. März noch im Bann anfänglicher legistischer Probleme beim Evakuieren der Urlauber aus den Lawinen-Gebieten. Die Opposition (Reinhard
Bösch, FPÖ, Vorarlberg) hielt dem Minister vor, er habe den Mangel an Lufttransport-Kapazitäten verschwiegen. Dagegen hielt Fasslabend, es sei dennoch kein Fehler gewesen, Leopard-Panzer statt
Hubschrauber anzuschaffen. Immerhin existiere in Österreich ja eine Landarmee. Bei diesem Diskussionsanlaß erhielten die Bundesräte die Information, wonach 1.500 Soldaten und 47 Fluggeräte im Lawinen-
Einsatz waren. Insgesamt wurden 18.000 Menschen ausgeflogen. A propos Fliegen: Die Opposition (Paul Tremmel, FPÖ, Steiermark) versuchte, den Minister wegen der NATO-Überflugverbote ins Visier zu
nehmen. Der konterte mit der generellen Hoffnung, wonach Österreich die NATO-Osterweiterung beziehungsweise diesen Integrationsprozeß nicht bei Durchfuhrgenehmigungen behindern sollte. Und Fasslabend
hofft auch · falls ihm die Innenpolitik solchen Gestaltungsraum läßt · daß Österreich rechtzeitig die Gelegenheit ergreifen werde, aktiv an der Neubildung Mitteleuropas im sicherheitspolitischen
Bereich mitzuwirken.
Neues von der Frauenfront
Schließlich noch die bange Frage von Peter Rodeck (ÖVP), wie es nun denn mit den Frauen im Bundesheer weitergehe. Der Ressortchef meldete auch von der Geschlechterfront keine besonderen
Vorkommnisse. Alle (männlichen?) Ängste hinsichtlich des Fraueneinsatzes beim Heer hätten sich als gegenstandslos erwiesen. Und noch eine gute Nachricht für alle wehrfähigen Frauen: Fasslabend will
auch die Miliz für weibliche Mitglieder öffnen.
Die Stunde der Militärs indes in einem Strategie-Diskurs mit Kabarett-Akzenten. Fasslabend schilderte im Plenum die strategischen Bewegungen der SFOR-Truppen im Raum Österreich. Jährlich würden
hunderte NATO-Fahrzeuge mit militärischem Auftrag für den Frieden in Bosnien die West- und Südautobahn benützen. Was den sozialdemokratischen Fraktionsführer Albrecht Konecny zur Anfrage bewegte,
unter welchen strategischen Gesichtspunkten und vor dem Hintergrund seiner NATO-Ambition, er, der Herr Bundesminister, seine Ablehnung des Semmering-Basistunnels begründe. Der Niederösterreicher
Fasslabend erkannte indes diesen politischen Hinterhalt und konterte mit fast staatsmännischer Rhetorik. Es wäre falsch, meinte Fasslabend hintergründig, die europäische NATO-Frage mit umstrittenen
Einzelfragen der österreichischen Verkehrsplanung zu vermischen. Und folglich antwortete der Europäer Fasslabend nicht auf den Niederösterreich-Teil der Anfrage.Õ
Berndt Ender ist Mitarbeiter der ORF-Parlamentsredaktion