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Stur oder konsequent

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Das Papier der deutschen Bundesregierung, laut dem die neue griechische Führung das existierende Sanierungsprogramm so durchziehen soll, ist hoffentlich nur eine Extremposition vor Beginn von Verhandlungen. Denn eigentlich kann es Berlin egal sein, ob Athen 150.000 Staatsbedienstete kündigt oder das Geld anderswo hereinbringt oder spart. Hauptsache, die Ziele werden erfüllt.

Der neue Finanzminister Yanis Varoufakis sagte in einem Interview mit der "Zeit", dass sein Land nie mehr Schulden machen wolle. Um das zu erreichen, muss er allerdings - erraten - Kredite aufnehmen, um abreifende Kredite damit begleichen zu können.

Die EU steht in den kommenden zwei Wochen vor einer interessanten Frage: Gelten die Buchstaben von Vereinbarungen, oder gilt der Geist dieser Vereinbarung? Sinn des Griechenland-Hilfspaketes war ja, die Pleite des Landes zu verhindern und das Wachstum anzukurbeln. Ersteres hat funktioniert, um einen hohen Preis.

Die schlimme Lage im Land hat politisch Syriza ganz nach oben geschwappt, das sollten die europäischen Partner nicht vergessen. Wachstum gibt es nur statistisch. Auch die Europäische Zentralbank sollte es nicht vergessen, denn ein Scheitern Alexis Tsipras’ würde wohl die griechischen Banken in die Pleite treiben, sie hätte dann ein ungleich größeres Problem am Tisch.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hält sich mit markigen Sprüchen zurück. Von seinem politischen Selbstverständnis her ist er wohl einer, der den Geist von Verträgen über detaillierte Ausführungsbestimmungen stellt.

Um dieser griechischen Regierung dazu die Möglichkeit zu geben, benötigt sie aber Zeit. Sie ist seit eineinhalb Wochen im Amt. Es wäre also klug, die Finanzierung des Landes bis dahin zu ermöglichen, egal welche Papiere Berlin verteilt.

Sturheit führt nirgendwo hin, vor allem aber hat sie nichts mit Konsequenz zu tun. Wenn die neue griechische Regierung einen Sanierungsplan vorlegt, der sinnvoll ist, muss er vorurteilsfrei verhandelt werden.

Und das Festhalten an der in Griechenland verhassten Troika (EU, EZB, Währungsfonds) hat ebenfalls wenig Sinn. Der EuGH-Generalanwalt hat in seinem jüngsten Gutachten (vor der Griechenland-Wahl) genau diese Troika in Frage gestellt, da die EZB mitwirkt. Es wird sie nicht mehr lange geben, egal was Tsipras fordert.