Glawischnig wettert gegen "rot-schwarze Packelei". | SPÖ-Wittmann: Asylgericht Prototyp für Staatsreform. | Wien. Mit dem heißen Eisen Asylgerichtshof ist am Mittwoch die Debatte im Nationalrat eröffnet worden. Unterstützung für die Koalition kam dabei - wenn auch nur eingeschränkt - von FPÖ und BZÖ.
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SPÖ-Klubchef Josef Cap lobte die "Ordnung, Rechtssicherheit und Menschlichkeit", die der Asylgerichtshof bringen werde - und war damit auf einer Linie mit seinem ÖVP-Gegenüber Wolfgang Schüssel, der sich über die "unangebrachte Aufregung" in dieser Causa beschwerte. Auch seitens der FPÖ und des BZÖ wurde der Gerichtshof begrüßt, der orange Vize-Klubobmann Herbert Scheibner forderte aber strengere Kriterien für die Bestellung der Richter. Vorgesehen ist eine juristische Ausbildung und eine fünfjährige Berufserfahrung. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer konterte, dass die Asylrichter dieselben Qualifikationen hätten wie andere Höchstrichter. Der Kanzler ist "überzeugt davon, dass mit der Neukonstruktion das Asylproblem gelöst wird".
Allein auf weiter Flur standen die Grünen, die den Gerichtshof in allen Bereichen heftig kritisierten. "Wir befinden uns in der tiefsten Phase rot-schwarzer Packelei", wetterte die dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig. Sie kritisierte die rasche Umsetzung ohne Begutachtungsverfahren. Das Parlament habe keine Möglichkeit zu Änderungen gehabt.
Mayer: "Üble Sache"
Ähnlich argumentierte Menschenrechtssprecherin Brigid Weinzinger. Kein Experte habe sich für den Gerichtshof ausgesprochen, erklärte sie in Anspielung auf die jüngste Kritik von Verfassungsjuristen wie Heinz Mayer, der das Asylgericht im Ö1-Radio als "ganz üble Sache" bezeichnet hatte. Auch Clemens Jabloner, Chef des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), hatte die Ausschaltung des Instanzenzugs an den VwGH kritisiert.
Für den Vorsitzenden des Verfassungsausschusses, Peter Wittmann (SPÖ), ist das unverständlich. Denn mit der geplanten Verwaltungsreform, mit der die 70 Berufungssenate durch zehn Verwaltungsgerichte ersetzt werden sollen, würde auch hier der Instanzenzug von drei auf zwei Stufen reduziert. "Der Asylgerichtshof ist also ein Prototyp für die Verwaltungsreform", sagte Wittmann zur "Wiener Zeitung". Auch die Kritik, dass die Ministerrats-Tischvorlage im Parlament nicht abgeändert worden sei, kann er nicht verstehen. Im Verfassungsausschuss habe man sehr wohl Änderungen vorgenommen.
Zum Beispiel herrsche nun "Waffengleichheit" zwischen Innenminister und Asylwerbern. Denn auch der Minister darf den VwGH nicht in Einzelfällen anrufen. Will er eine Grundsatzentscheidung anregen, so muss er laut Wittmann zuerst Rücksprache mit dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR und Nichtregierungsorganisationen halten.
Einmaliges Eilverfahren
Die Debatte ist für Wittmann ein "Sturm im Wasserglas". Berechtigt sei nur die Kritik am verkürzten Gesetzwerdungsprozess - das werde aber "nicht mehr vorkommen". Nur in diesem Fall sei die Eile nötig gewesen, da sonst der Rückstau an offenen Verfahren noch größer geworden wäre - "wir hätten das Jahr 2008 verloren", so Wittmann.
Nur mit den Stimmen der Koalition wurde der Gerichtshof durchgewunken. Ein BZÖ-Misstrauensantrag gegen Justizministerin Maria Berger wurde abgelehnt. Sie hatte im "Falter" erklärt, sie habe "keine Gelegenheit" gehabt, die Vorlage zum Asylgericht genau zu lesen.
Auf der Tagesordnung standen noch die "Neue Mittelschule", ein Dringlicher FPÖ-Antrag gegen Kindesmisshandlung sowie ein FPÖ-Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Norbert Darabos wegen des Tschad-Einsatzes. Ebenfalls beschlossen werden sollte das "Haftentlastungspaket", das bedingte Entlassungen erleichtert.