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Sturzflug im Weltraum

Von Eva Stanzl

Wissen
Dunkel ist’s und kalt: Aus sechs Kilometern Höhe wird die Raumsonde Rosetta den Kometenkern und die Atmosphäre von Tschuri analysieren .
© ESA/Rosetta/Navcam

Für die Kometensonde Rosetta beginnt der wichtigste Teil ihrer Mission.


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Wien. Für die Raumsonde Rosetta beginnt der wichtigste Teil ihrer Mission. Nachdem sie in einem spektakulären Manöver vor drei Monaten ein Mini-Labor auf dem Kometen Tschuri abgesetzt hat, geht sie nun in einen Sturzflug, der sie dem Kometen so nahe bringen soll wie noch nie.

"Rosetta hat ihren bisherigen, 26 Kilometer vom Kometen entfernten Orbit verlassen. Sie startet nun in die nächste Phase", gibt die Europäische Raumfahrtbehörde ESA auf ihrer Homepage bekannt. Die Sonde werde sich in der kommenden Woche ab Samstag auf bis zu 140 Kilometer entfernen, bevor sie am 14. Februar in einen Sturzflug Richtung Tschuri gehen werde, um in einer Entfernung von sechs Kilometern an dem Brocken vorbeizufliegen. "Das Manöver ermöglicht einzigartige wissenschaftliche Untersuchungen. Wir werden hochauflösende Messungen von der Oberfläche des Kerns in mehreren Wellenlängen machen und die Kometenatmosphäre sogar schmecken und riechen können", erklärt Matt Taylor, wissenschaftlicher Leiter der Rosetta-Mission bei der ESA.

Tschuri rast Richtung Sonne, der er im August am nächsten sein wird. Die Sonde begleitet ihn, um ihm die Geheimnisse seines Schweifes zu entlocken. Kometen sind Überbleibsel aus der Entstehung des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren. Neue Erkenntnisse über sie könnten Aufschluss geben über die Ursprünge irdischen Lebens.

Der Vorbeiflug führt über die aktivsten Regionen des Himmelskörpers 67P/Tschrjumow/Gerasimenko. Die Forscher untersuchen dabei die Zusammenhänge zwischen der Kometenaktivität und dessen Atmosphäre. Im Speziellen sollen die Instrumente an Bord der Sonde Gebiete aufspüren, die Gas und Staub verlieren, und analysieren, wie sich die Zusammensetzung solcher Partikel mit zunehmender Entfernung vom Kometenkern verändert.

Bekannt ist, dass Tschuris Gase nach faulen Eiern riechen. Außerdem ist die Kometenoberfläche sehr dunkel, sie reflektiert nur sechs Prozent des auf sie herabfallenden Sonnenlichts. Bei dem Vorbeiflug soll Rosetta die Sonne im Rücken haben, wodurch sie schattenfreie Bilder aufnehmen kann. Aus unterschiedlichen Winkeln zur Sonneneinstrahlung aufgenommene Fotos sollen Aufschluss geben über die Struktur der Staubkörner auf dem Kern.

In den kommenden Monaten soll sich die Sonde in unterschiedlichen Flugbahnen dem Kometen nähern. "Die Entfernungen liegen zwischen 15 und 100 Kilometern", erklärt Sylvain Lodiot, Raumschiffkoordinator der ESA. Durch den Temperaturanstieg wird der Komet zunehmend aktiver, je näher er dem Zentralgestirn kommt. Gase und Eis verdampfen, der Schweif entsteht. Rosettas elf Messinstrumente sind auf unterschiedliche Distanzen zu Tschuri ausgerichtet. Wenn sie in der Nähe des Kometen ist und mit ihm mitrotiert, macht sie Einzelaufnahmen von bestimmten Punkten der Oberfläche. Reist sie in größerer Entfernung, ergibt sich ein Gesamtbild der Geschehnisse rund um den Kern und dessen Atmosphäre.

Keine Suche nach Philae

Um den Roboter Philae bleibt es hingegen bis auf Weiteres still. Im November landete er auf Tschuris Oberfläche, prallte jedoch wieder ab und kam in einem zerklüfteten Gebiet im Schatten zum Stehen. Wegen Strommangels macht er nun Sendepause, den Standort kennen die Forscher nicht. Zwar wurden mehrere Strukturen entdeckt, die dem Roboter ähnlich sehen, jedoch sind sie bei keinem der Kandidaten sicher. Da auch Rosetta nur begrenzte Mengen an Treibstoff dabeihat, ist bei dem Überflug keine Suche vorgesehen. Stattdessen soll die Sonde ihr Kamerasystem auf den größeren der beiden Teile des entenförmigen Kometen richten. "Der Zeitplan für die wissenschaftlichen Aktivitäten ist zu eng, um eine breite Suchaktion nach Philae zu starten", erklärt Matt Taylor.

Stattdessen hofft man, Philae werde sich mit zunehmender Sonnnähe von selbst wieder melden. Das könnte allerdings erst ab Mai der Fall sein.