Mit einer weiteren Prüfung setzt die EU-Kommission ihre Untersuchungen gegen Google fort - Strafe in Milliarden-Euro-Höhe droht.
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Brüssel. Von solch einer Marktstellung können andere nur träumen. Mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent hat der US-Konzern Google auch in Europa die Suche im Internet beinahe monopolisiert. Bis in den Sprachgebrauch hinein hat es das Unternehmen innerhalb weniger Jahre geschafft: Etwas "nachgoogeln" wird im Alltag mittlerweile wahrscheinlich öfter verwendet als "nachschlagen".
Nun sei gegen Dominanz an sich nichts einzuwenden, meint die EU-Kommission. Auch dass eine US-amerikanische Firma auf dem europäischen Markt Erfolge aufzuweisen hat, sei durchaus zu begrüßen. Doch wer seine Stellung missbraucht, verstößt gegen EU-Recht. Genau das befürchten die Brüsseler Kartellwächter, die ihre Beschwerdepunkte an Google schickten. Der Konzern hat zehn Wochen Zeit, darauf zu reagieren.
Es ist die nächste Stufe in einem Verfahren, das die Kommission bereits seit Jahren beschäftigt und das schon mehrere Untersuchungen gebracht hat. Die aktuelle Prüfung betrifft die Anzeige von Ergebnissen bei Preisvergleichen. Dabei würde Google sein eigenes Angebot systematisch bevorzugen, lautet der Vorwurf. Denn wer sich beim Online-Einkauf auf die Suche nach Produkten macht, sieht zuerst den Dienst der US-Firma. Diese Treffer werden auf der Seite höher und prominenter dargestellt.
Die Kommission sieht darin zwei Probleme. Das eine bezieht sich auf die Wahlmöglichkeit der Konsumenten, die schlicht geschmälert wird, wenn diesen andere Angebote vorenthalten werden, die vielleicht sogar günstiger wären. Das andere wirft Fragen nach der Konkurrenzfähigkeit von Mitbewerbern auf, deren Innovationen ausgebremst werden könnten.
Schmerzhafte US-Dominanz
Dabei sollte bei Preisvergleichen nicht das Resultat erscheinen, das "das beste für Google ist, sondern das beste für den Konsumenten", erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Ebenso dürfe das Unternehmen andere Anbieter nicht diskriminieren.
Es waren denn auch Beschwerden von Konkurrenten, die schon die frühere Kommission zum Handeln veranlasst haben. Dabei kamen die Klagen nicht nur von europäischen Betrieben. US-Firmen wie Microsoft oder Expedia würden die Vorherrschaft Googles ebenfalls gern eingedämmt sehen.
Der Herkunftsort des Anbieters aus Kalifornien spiele aber bei der Untersuchung keine Rolle, betonte Vestager. Es gehe vielmehr um EU-Regeln, die jene beachten müssen, die auf dem EU-Markt tätig seien. Dennoch schmerzt die Europäer die Dominanz der US-Internetkonzerne. Nicht ohne Grund hat daher Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes zu einem Schwerpunkt der Arbeit seiner Behörde ernannt und einen seiner Stellvertreter, Andrus Ansip, damit beauftragt. Zusätzlich ist auch noch der deutsche Kommissar Günther Oettinger für diesen Bereich zuständig.
EU-Parlamentarier drängen ebenfalls darauf, die Position der Europäer im Ringen um den Markt zu stärken. Daher wurde das Vorgehen der Kommission gegen Google großteils begrüßt. Andreas Schwab, binnenmarktpolitischer Sprecher der größten Fraktion in der Volksvertretung, der Europäischen Volkspartei, sieht darin ein "klares Zeichen dafür, dass die EU die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft und den fairen Wettbewerb in Europa verteidigt". Für den Grünen Abgeordneten Michel Reimon ist es "nicht nur ein Kampf um mehr Wettbewerb, sondern um die Meinungsfreiheit".
Android auf dem Prüfstand
Den führt die EU-Kommission an mehreren Stellen. Ähnliche Beschwerden wie bei Preisvergleichen gibt es nämlich auch zu anderen Spezial-Suchdiensten etwa für Flugreisen oder Hotels. Die Brüsseler Behörde hat außerdem eine Untersuchung wegen des Google-Betriebssystems Android für mobile Geräte eingeleitet, das etliche Smartphone- und Tablet-Hersteller verwenden. Sie will prüfen, ob der Anbieter die Entwicklung und den Marktzugang konkurrierender Dienste behindert hat. Weitere Bedenken hat sie in Bezug auf das Kopieren von Webinhalten anderer Unternehmen sowie Beschränkungen für Werbekunden.
Welche Konsequenzen dies für Google haben wird, ist noch offen. Das Verfahren kann sich über Monate hinziehen. Sollte es zu keiner Einigung kommen, droht dem Konzern eine beträchtliche Geldstrafe. Die kann bis zu zehn Prozent des jährlichen Gewinns ausmachen: Das wären an die sechs Milliarden Euro.