)
Johannesburg - Am Limpopo herrscht reger Grenzverkehr. Tagtäglich durchschwimmen Dutzende Menschen bei wabernder Hitze den reißenden Grenzfluss zwischen Simbabwe und Südafrika, um sich dann unter kilometerlangen Stacheldraht-Rollen hindurch zu quetschen. Es sind illegale Einwanderer, die vor dem Chaos in ihrem Land nach Südafrika fliehen. Sie berichten von Hunger, Armut, Gewalt und Perspektivlosigkeit.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Allein in den ersten sechs Wochen des Jahres waren es nach Medienberichten 7000 Simbabwer, die Südafrikas Grenzschutz beim lebensgefährlichen Versuch der illegalen Einwanderung festgenommen hat. Im gesamten Vorjahr waren es gerade mal 20.000. Doch es ist weniger die große Zahl, die die Behörden des Nach-Apartheid-Staats irritiert, als der Zustand der Illegalen.
"Früher hatten Grenzgänger Nahrung und Geld dabei, heute kommen sie nur mit dem, was sie anhaben, und ohne zwei oder drei Tage lang etwas gegessen zu haben", meinte ein Grenztruppen-Offizier. Das südliche Afrika bereitet sich mit Unbehagen auf einen Massenexodus in Simbabwe vor. Dort findet am 9./10. März im einem Klima von Gewalt, Hunger und Massenarmut die Präsidentenwahl statt, bei der Amtsinhaber Robert Mugabe nach 22 Jahren an der Macht gegen den Herausforderer Morgan Tsvangirai antritt. Mosambik hat an der Grenze zu Simbabwe die Truppen bereits verstärkt - offiziell nur zur Schmuggel-Bekämpfung.
In Südafrika soll Arton Villa, ein 15 Kilometer östlich vom Grenzübergang Beitbridge gelegener früherer Militärstützpunkt, gegebenenfalls die Flüchtlingsströme aufnehmen. Er wird gerade mit großem Aufwand instandgesetzt - offiziell im Rahmen einer größeren "Katastrophen-Management-Strategie", die nichts mit Simbabwe zu tun hat. Und glaubt man dem Innenministerium, dann gibt es auch keine Zunahme der illegalen Einwanderer: Bis zum 15. Februar seien nur 763 illegale Simbabwer in ihre Heimat abgeschoben worden. Die gespreizten Erklärungen machen das Dilemma deutlich, in das nicht nur Südafrika durch das Chaos im Nachbarland gestoßen wurde. Die Kap-Republik wie die übrigen Staaten der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) geben öffentlich nur ungern zu, was sie insgeheim befürchten.
Obwohl bei ihnen ausländische Investitionen und Währungsstabilität zum Teil akut unter den Folgen zunehmender Gesetzlosigkeit beim Nachbarn leiden, kam ihre Kritik in einer Mischung aus Angst vor allzu früher Destabilisierung, Schutz eigener Wirtschafts-Interessen sowie einer Art Nibelungentreue zu Mugabe wie auf Samtpfoten daher. "Stille Diplomatie" nennt es Südafrikas Präsident Thabo Mbeki. In der Praxis bedeutet das: Offiziell möglichst wenig Kritik, im engen Kreise dann eher mal ein mahnendes Wort. Obwohl Mbeki diese Taktik wiederholt als gescheitert bezeichnen musste, hält er weiter an ihr fest.
Fast gebetsmühlenartig wird er auf Pressekonferenzen nach Simbabwe gefragt. Fast genauso monoton kommt die Antwort, dass alles getan werden müsse, um freie und faire Wahlen zu garantieren. Aziz Pahad, als stellvertretender Außenminister Südafrikas offizielles Sprachrohr in Sachen Simbabwe, profilierte sich als größter Optimist in Mbekis Kabinett. Er habe keine Zweifel, dass es in Simbabwe solche Wahlen geben könne, betonte er bei jeder Gelegenheit - auch, als die EU ihre Beobachter abzog. Als südafrikanische Wahlbeobachter bei einer Veranstaltung der Opposition in Simbabwe attackiert wurden, wollte Pahad den Übergriff "nicht überbewerten": Immerhin sei ja kein Beobachter verletzt worden. Die Medien sollten Mugabe nicht "verteufeln". dpa
Razzia gegen Oppositionelle in Simbabwe
Die simbabwische Polizei hat bei einer Razzia in der Hauptstadt Harare 38 führende Oppositionelle festgenommen. Neun Politiker seien bei dem Einsatz verletzt worden, teilte die Oppositionspartei MDC in Harare mit. Den Angaben zufolge drangen die Einsatzkräfte in ein örtliches MDC-Büro ein, in dem etwa 500 Anhänger der Partei gerade auf Wahlumfragen vorbereitet wurden.
Der simbabwische Vizepräsident bestritt unterdessen, dass Oppositionsführer Morgan Tsvangirai wegen Hochverrats angeklagt sei. Die Presse und nicht die Regierung habe Tsvangirai entsprechende Vorwürfe gemacht, sagte Joseph Msika nach einem Treffen mit seinem südafrikanischen Amtskollegen.