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Südafrika lobbyiert für IWF-Spitze

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Mexikos Carstens mit schwindender Unterstützung. | Hillary Clinton: "Inoffiziell begrüßen wir Frauen." | Washington. Während die EU sich inzwischen geschlossen hinter die französische Finanzministerin Christine Lagarde gestellt hat, haben die Schwellenländer weiterhin Probleme, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden. Wie berichtet, könnte die Erbpacht Europas, den Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu stellen, erstmals aufgebrochen werden.


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2010 einigte man sich auf einem Gipfeltreffen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer darauf, den IWF zu reformieren. Sechs Prozent der Stimmanteile sollen zu den Schwellenländern hinüberwandern, die sich mit ihrer steigenden Wirtschaftsmacht zunehmend unterrepräsentiert im Fonds gefühlt haben. Doch diese Stimmrechtsänderung wird erst im nächsten Jahr umgesetzt werden. Noch gilt, dass Europa insgesamt rund 35 Prozent der Stimmenanteile hat, die USA knapp 17 Prozent haben, China nur 3,6, Russland rund 2,7, Brasilien und Mexiko rund 1,4 Prozent.

Von den aufstrebenden Nationen hat erst der mexikanische Zentralbanker Augustin Carstens formal seine Bewerbung um den Posten eingereicht. Doch er scheint nicht so viel Unterstützung zu bekommen wie gehofft - vor allem der Hauptverbündete Washington scheint sich zu distanzieren.

Während anfangs die USA einen Nicht-Europäer für den IWF-Sessel favorisiert haben, scheint ihnen inzwischen klar zu werden, dass diesfalls ihre Erbpacht - auf die Spitze der Weltbank - ebenfalls in Gefahr wäre. Zuerst hieß es, Lagarde als auch Carstens seien beide "sehr talentiert" und "sehr glaubwürdig". US-Außenministerin Hillary Clinton sagte am Donnerstag wenig subtil, sie begrüße die Kandidatur von Frauen. Besonders China schweigt hörbar zu der Kandidatur Lagardes.

Formell haben alle IWF-Mitglieder die Möglichkeit, einen Kandidaten bis zum 10. Juni zu nominieren.

Apartheid-Kämpfer

Die Hoffnung der Schwellenländer könnte aus Südafrika kommen. Das Land lobbyiert stark für seinen Trevor Manuel. Er gilt als erfahrener Fachmann - und war bis 2009 längstdienender Finanzminister Südafrikas unter drei verschiedenen Präsidenten. Inzwischen ist Manuel, der lange aus politischen Gründen inhaftiert war, Minister für "Nationale Planung".

Manuel sorgte zuletzt im März für Aufsehen. Der schwarze Sprecher des südafrikanischen Regierung beklagte sich öffentlich über einen "überproportionalen Anteil von Farbigen" in einer der Provinzen. "Farbige" in der südafrikanischen Diktion sind Personen mit schwarzen und weißen Wurzeln - und Trevor Manuel wird zu den Farbigen gezählt. Manuel schrieb an seinen Regierungskollegen einen offenen Brief und erklärte, dass seine Aussage übelster Rassismus sei, gegen den schon Nelson Mandela gekämpft hätte. Die Regierung gab Manuel recht.

Der Südafrikaner hat den Vorteil, dass sein Land als kleiner Bruder der Bric-Staaten gilt. Südafrika wurde im Dezember 2010 von China offiziell zu der Bric-Runde eingeladen, die seitdem hin und wieder als "Brics" firmiert. Sehr zum Entsetzen des Analysten Jim O’Neill von Goldman Sachs, der den Begriff "Bric" geprägt hat. O’Neill schrieb in einem Statement, dass die Bric-Staaten aufgrund ihrer ökonomischen Größe zusammengefasst worden sind, wohingegen die Wirtschaft Südafrikas lediglich einen Bruchteil der Wirtschaftsleistung von Italien ausmacht und dementsprechend maximal politisch dazugehört.

Allerdings ist es die politische Unterstützung, die im Kampf um den IWF zählt. Ob Brasilien sich hinter Manuel stellt, steht in den Sternen. Die größte Volkswirtschaft Südamerikas ist ein politischer Gegenspieler Mexikos - es wird daher angenommen, dass das Land nicht Augustin Carstens unterstützt. Brasilien gilt als Freund Europas. Der brasilianische Finanzminister ließ vor kurzem wissen, dass er kein Problem damit hätte, wieder einen Europäer auf dem IWF-Sessel zu haben. Die Schwellenländer bleiben also zersplittert.