Korruptionsaffären und miserable Wirtschaftsdaten haben den ANC in die Krise gestürzt. Nun kommt noch eine Fehde um den künftigen Präsidenten hinzu.
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Johannesburg. Exakt zur Halbzeit der ANC-Strategiekonferenz hatte sich Jacob Zuma freigespielt. Während drinnen im Nasrec Expo Centre in Johannesburg noch die knapp 3000 Delegierten berieten, nahm sich der südafrikanische Präsident die Zeit, um durch die Ahnengalerie der Partei zu schlendern, eine Virtual-Reality-Brille auszuprobieren und draußen vor der Tür mit Passanten zu scherzen.
Doch was auf den ersten Blick wie eine kleine Auszeit vom Konferenztrubel ausgesehen haben mag, war vielmehr ein sorgfältig choreografierter Auftritt, mit dem den anwesenden Journalisten verdeutlicht werden sollte, wie glatt und reibungslos die alle fünf Jahre stattfindende Konferenz diesmal verläuft. Abseits der medial inszenierten Gelassenheit brodelt es in der langjährigen Regierungspartei, die wegen ihrer Verdienste im Anti-Apartheidskampf bis heute eine Ausnahmestellung genießt, aber gewaltig. Denn die nicht auf die Beine kommende Wirtschaft hat im Verbund mit zahlreichen Korruptionsaffären und einer mittlerweile bei 27 Prozent liegenden Arbeitslosenrate auch den einst so beliebten ANC massiv an Zustimmung gekostet. Und in den kommenden Wochen und Monaten dürfte es für die Partei, die über Jahrzehnte hinweg von Nelson Mandela und seiner Idee einer toleranten "Rainbow Nation" geprägt worden ist, nicht viel besser werden.
Denn Zuma wird beim Parteitag im Dezember sein Amt als Parteichef niederlegen. Im Rennen um seine Nachfolge haben sich zwei Lager gebildet, deren politisch-ideologische Programme weit auseinanderlaufen und die sich dementsprechend unversöhnlich gegenüberstehen.
Als Zumas persönliche Wunschkandidatin gilt seine Ex-Frau Nkosazana Dlamini-Zuma, von der er vor knapp zwei Jahrzehnten geschieden wurde. Die 68-Jährige, die zehn Jahre lang südafrikanische Außenministerin war, verspricht ihren Anhängern vor allem mit dem als "Feind" bezeichneten "Kapitalmonopol der Weißen" aufzuräumen. Um dieses Ziel zu erreichen, will das Lager von Dlamini-Zuma nicht nur bessere Bedingungen für schwarzen Unternehmensbesitz schaffen, weiße Grundbesitzer sollen auch ohne Kompensation enteignet werden. Die Forderungen dürften vor allem bei der armen Landbevölkerung gut ankommen, da der ANC mit seinem Versprechen, knapp 30 Prozent des Ackerlands von der weißen an die schwarze Bevölkerung zu transferieren, hoffnungslos hinterherhinkt.
Kampf gegen die Korruption
Dlamini-Zumas größter Konkurrent Cyril Ramaphosa macht sich zwar ebenfalls für eine Umverteilung zwischen Schwarz und Weiß stark, allerdings will der derzeitige Vizepräsident viel weniger radikal vorgehen, um Investoren nicht zu verschrecken und die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Oberste politische Priorität hat aus Ramaphosa Sicht aber ohnehin eine andere Sache. Denn der ehemalige Gewerkschaftsfunktionär, der mittlerweile ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann ist, macht vor allem die vielen Korruptionsaffären, die auch Präsident Zuma selbst betreffen, für den Abstieg des ANC verantwortlich. Und dieser wird sich laut Ramaphosa fortsetzen, wenn Dlamini-Zuma den ANC 2019 in die Parlamentswahlen führt. Schließlich sei es unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die vom Präsidenten protegierte Kandidatin das von ihm etablierten Patronage-System ausmistet. Dlamini-Zumas Chancen stehen aber dennoch nicht schlecht. Bei der Strategiekonferenz in Johannesburg sprachen sich die Delegierten am Dienstag sowohl für die Enteignung ohne Kompensation aus, wie auch für die ebenfalls von Dlamini-Zuma-Lager erhobene Forderung nach einer Verstaatlichung der Zentralbank.