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Sudans gefährlicher Weg zur Spaltung

Von Klaus Huhold

Politik

Ölreicher Süden des Landes soll über Unabhängigkeit abstimmen. | Angst vor Ausbruch eines Bürgerkriegs. | Khartum/Wien. Der Sudan steht vor der größten Zäsur seit seiner Unabhängigkeit 1956: In etwa drei Monaten soll der mehrheitlich christlich und animistisch geprägte Süden des Landes darüber abstimmen, ob er sich vom muslimischen Norden abspalten will. Doch schon jetzt wird die Lage von Tag zu Tag gespannter und die Befürchtungen wachsen, dass das für 9. Jänner angesetzte Referendum abermals einen bewaffneten Konflikt zwischen den beiden Landesteilen auslöst.


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Die Zustimmung der südlichen Bevölkerung für die Unabhängigkeit gilt als sicher. Es gibt nun aber immer mehr Anzeichen, dass das Regime im Norden den Süden nicht friedlich ziehen lassen will. Präsident Omar al-Bashir wetterte kürzlich, dass es für ihn keine Alternative zur Einheit des Sudans gebe. Die Stimmung ist explosiv: Sowohl die Regierung im Norden als auch die im autonomen Süden herrschende Südsudanesische Volksbefreiungsbewegung (SPLM) sollen bereits ihre Truppen mobilisieren.

Streit um Erdöl

Es geht nämlich nicht nur um die Einheit des Landes, sondern auch um Erdöl, die Haupteinnahmequelle des Sudans. Der Großteil der Erdölfelder liegt im Süden, die Pipelines führen aber durch den Norden, wo auch die Raffinerien liegen. Wie die Einnahmen bei einer Selbständigkeit des Südens aufgeteilt werden sollen, ist noch unklar. Auch der zukünftige Grenzverlauf wurde noch nicht festgelegt. Verschiebungen von ein paar Kilometern können über den Zugang zu einzelnen Erdölfeldern entscheiden. Gibt es in dieser Frage nicht bald eine Einigung, ist die Saat für einen Territorialkonflikt gelegt.

Andererseits könnte ausgerechnet das umstrittene Öl auch zum Friedensbringer werden. Bei einem Krieg käme die Produktion in der Grenzregion zum Erliegen, beide Seiten würden Einnahmen verlieren.

Manche Politiker des Nordens argumentieren nun, dass das Referendum verschoben werden sollte, eben weil die Grenzfrage noch nicht geklärt ist. Die SPLM-Politiker halten das aber für reine Obstruktionspolitik und sind gewillt, am 9. Jänner als Abstimmungstermin festzuhalten - auch wenn die aus Vertretern des Nordens und des Südens bestehende Kommission zur Vorbereitung des Referendums mit der Wählerregistrierung bereits arg in Verzug geraten ist.

Sollte der Süden seine Unabhängigkeit erlangen, hätte die SPLM jedenfalls ihr Ziel erreicht. Von 1983 bis 2005 führte sie Krieg mit der Khartumer Regierung. Die SPLM kämpfte um die Ressourcen des Südens, zudem wehrte sie sich gegen die aggressive Islamisierungspolitik des Nordens. Beide Seiten nahmen auf die Zivilbevölkerung keinerlei Rücksicht, der Konflikt kostete mindestens 1,5 Millionen Menschen das Leben.

Schleppender Aufbau

Das Friedensabkommen 2005 sicherte dann dem Süden eine Abstimmung über seine Zukunft zu. Zudem übernahm die SPLM die Verwaltung der Region.

Der Aufbau des vom Bürgerkrieg vollkommen zerstörten Gebiets geht aber nur sehr schleppend voran. Viele SPLM-Vertreter gelten als korrupt und inkompetent. Zudem dominieren Angehörige der Ethnie der Dinka in öffentlichen Positionen, was zu Auseinandersetzungen mit anderen Ethnien führt. Vielfach bestehen daher Befürchtungen, dass sich ein unabhängiger Südsudan zu einem gescheiterten Staat entwickelt.