Sie sind Tschechiens engagierteste Atomgegnerinnen und werden von österreichischer Seite gerne dann ins Treffen geführt, wenn gezeigt werden soll, dass auch bei unserem nördlichen Nachbarn das AKW Temelín keineswegs unumstritten ist. Die Rede ist von der Umweltschutzorganisation "Südböhmische Mütter" (Jihoceske matky), die sich mit ihren Aktivitäten bereits zahlreiche Feinde geschaffen hat.
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Die große Zeit des Umwelt-Aktionismus ist dieser Tage freilich vorbei: Bis zum Jahr 1993 haben die Südböhmischen Mütter zahllose Demonstrationen gegen Temelín organisiert, tausende Anhänger des Öko-Gedankens waren damals im Glauben, sie könnten die Inbetriebnahme des AKW noch in letzter Sekunde verhindern. Immerhin: Kurz zuvor hatte der Sturz des KP-Regimes bewiesen, dass der Druck der Straße das Unmögliche möglich machen kann. In diesem Fall blieb der Erfolg aber aus.
"Südböhmische Väter"
Die Betreibergesellschaft von Temelín, der Stromversorger CEZ, wollte all die Jahre nicht wirklich mit den Südböhmischen Müttern diskutieren, erzählt die Sprecherin der Initiative, Dana Kuchtova, der "Wiener Zeitung". Vielmehr wurden Versuche gestartet, den Verein in den Medien der Lächerlichkeit preiszugeben. Temelín-Angestellte gründeten den Verein "Südböhmische Väter" und gaben sich als übertriebene Bewunderer des Kraftwerkes zu erkennen. Die Regierung in Prag wiederum stellte den Verein öffentlich als ein Art Anhäufung von "ÖkoTerroristen" dar.
Heute zählt die Organisation, der 1992 gegründet wurde, etwa 200 Mitglieder. Die meisten Aktivisten sind - wie der Name der Organisation nahe legt - Frauen. Immerhin finden sich auch 15 Männer in den Reihen der Umweltbewegten.
Nachdem Temelín schließlich in Betrieb gegangen war, begann der Verein internationale Kontakte aufzubauen, Hauptziel ist heute die Förderung der Inbetriebnahme alternativer Energiequellen. Dennoch wird Temelín und alles, was damit zusammenhängt, mit Argusaugen beobachtet.
Lawine an Prozessen
Derzeit laufen die engagierten tschechischen Frauen gegen die Endlagerung nuklearen Abfalls in Südböhmen und die Errichtung zwei weiterer Reaktoren in Temelín Sturm. Dabei schreckt die streitbare Vereinigung auch vor Prozessen nicht zurück: 20 mal haben sie bereits diverse staatliche Stellen geklagt, dabei mussten sie auch einstecken: Der frühere Industrieminister Mirolsav Gregr klagte den Verein wegen übler Nachrede auf eine halbe Million Kronen. Er gewann den Prozess nicht.
Das Geld für ihre Aktivitäten bezieht der Verein vor allem aus Österreich und den USA. "Unsere Unterstützer sind NGOs und Privatpersonen", so Kuchtova. Den größte Teil der aus Österreich stammenden Mittel bekommt der Verein übrigens von "Atomstromfrei - Oberösterreichische Plattform gegen Atomgefahren".