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Sündenregister von Rot und Schwarz

Von Brigitte Pechar

Politik

Van der Bellen legt sich auf keine Koalitionsvariante fest. | Änderung des Fremdenpaketes als Bedingung. | Wien. Die Grünen haben sich die Mühe gemacht und aus ihrer Sicht Fehler von ÖVP und SPÖ in einem Buch zusammengefasst: "Schwarzbuch Schwarz" heißt es auf der einen Seite, "Schwarzbuch Rot" sei die "zweite Seite der Medaille", die Bundessprecher Alexander Van der Bellen gemeinsam mit Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits und Sicherheitssprecher Peter Pilz am Mittwoch präsentierte.


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Gewahrt wurde dabei die vielzitierte Äquidistanz der Grünen, wiewohl etwas ungleich gewichtet: Während nämlich die Sünden der ÖVP den Platz von 57 Seiten einnehmen, kommen jene der SPÖ auf 25 unter. Trotz dieser Vorhaltungen schloss Van der Bellen weder eine Koalition mit der ÖVP noch mit der SPÖ aus, wenngleich er zugab, dass es Bedingungen geben werde. Eine davon könnte die Änderung des Fremdenpaketes sein, dem auch die SPÖ zugestimmt hat.

Bis vor einem Vierteljahr "dachten wir, die SPÖ kapiert's", sagte Van der Bellen, aber im Februar 2005 habe diese einen Strategiewechsel vorgenommen und sei in wesentlichen Fragen auf Regierungskurs gekippt: Bei der Kunst, bei Asylverfahren und Menschenrechten, in der Umweltpolitik und beim ÖGB.

"Verfilzung" nannte Van der Bellen die Verbindung zwischen SPÖ und ÖGB. Die Grünen seien die ersten gewesen, die sich lautstark dagegen gewehrt hätten, dass der ÖGB in Konkurs getrieben werde. Das sei völlig unbedankt geblieben. Stattdessen würden sich ÖGB und Arbeiterkammer weiterhin als Vorfeldorganisation betrachten, wie dies die Beamtengewerkschaft gegenüber der ÖVP tue.

Massivste Vorhaltungen gegenüber der SPÖ hagelte es aber bei der Asylpolitik: Die Verschärfung der Schubhaft, Zwangsernährung, Aufhebung des Abschiebeschutzes für Traumatisierte, Generalverdacht für binationale Ehen als Scheinehen - das alles sei von der SPÖ mitgetragen worden, kritisierte Stoisits. Korrekturen alleine könnten das nicht mehr sanieren. "Mit uns wird es eine solche Menschenrechtspolitik nicht geben", warnte Stoisits.

Pilz gab zu, dass sich die Grünen "eine Zeit lang Hoffnung gemacht haben", was die SPÖ betreffe. Die Opposition habe die Aufgabe, eine sachliche Alternative zu einer Regierungspartei zu werden. "Jetzt ist die SPÖ drauf und dran, das zu verspielen", sagte Pilz.

Das Asylthema habe man ursprünglich im ÖVP-Teil gehabt, sich aber dann dazu entschlossen, es doch stärker der SPÖ anzulasten, eben weil sie umgefallen sei. Interessanterweise falle die "SPÖ nicht irgendwohin um, sondern punktgenau dorthin, wo die ÖVP auf sie wartet", meinte Pilz und ortet dahinter "politische Absicht der SPÖ-Führung".

Der ÖVP wiederum sei die De-facto-Alleinregierung zu Kopf gestiegen, sagte Van der Bellen. "Schwarz - schwarz - schwarz" lautet daher auch ein Kapitel im Buch, das die unterstellte Gleichschaltung bei Hauptverband, Polizei, Justiz, ORF, Uni und Kunst anprangert. Österreichs Bildungssystem bleibe so schief wie der Turm von Pisa. Die Frauen- und Familienpolitik der Schwarzen sei überhaupt "vorgestrig".

Die Öko-Partei wirft der ÖVP aber auch eine bewusste Verletzung der Verfassung sowie die Einschränkung der Kontrollrechte des Nationalrates vor. Von al diesen Mitteln, so die Kritik der Grünen, habe die ÖVP seit dem Jahr 2000 ausgiebig Gebrauch gemacht. Jetzt präsentiere sich "Österreich in drei neuen Farben: schwarz, schwarz, schwarz", heißt es im "Schwarzbuch schwarz".

Van der Bellen will nun von der ÖVP wissen, ob sie es bis zu den Wahlen durchhalten will, eine weitere Koalition mit den Orangen oder den Blauen auszuschließen". Und: "Würde sie einen Justizminister Stadler für ihren Machterhalt akzeptieren, ja oder nein?"