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"Geschichte einer Stadt" hat der Verfasser sein Werk genannt. Daraus geworden ist eine Geschichte Bosniens - und seiner Nachbarn. Das muss man Holm Sundhaussen nachsehen, schließlich ist die Geschichte Sarajevos ohne Würdigung seines geografischen, kulturellen und politischen Kontextes nicht zu verstehen.
Und Sundhaussen tut gut daran, diesen Kontext weit zu fassen und seine Zeitreise durch den Balkan - dem Hype rund um das Attentat 1914 zum Trotz - früh anzusetzen, in den Tagen der osmanischen Neugründung 1462. Wobei angemerkt werden muss, dass die Darstellung der 400-jährigen Türkenherrschaft (bis 1878), welche sonst oft vernachlässigt wird, wie der Deutsche in seiner Einleitung kritisch bemerkt, ein schönes Stück Pionierarbeit ist. Insgesamt ergibt die gewählte Strukturierung, die sich anhand der politischen Zäsuren des 19. und 20. Jahrhunderts orientiert, viel Sinn. Dazu passt auch, dass Sundhaussen die Schüsse auf den Thronfolger keiner Sonderbehandlung unterwirft, sondern als ein Ereignis unter den vielen, die Sarajevo erschüttert haben, einreiht. Die Teilung Bosniens 1939 zum Beispiel, die Besatzung während des Zweiten Weltkrieges oder die Belagerung der Stadt durch die Serben (1992-1995). Will man einen Kritikpunkt finden, so diesen, dass es der Autor verabsäumt hat, den Olympischen Spielen 1984 einen gebührenden Platz einzuräumen.
Dennoch ist das intelligent entworfene und im Stil sehr gut verfasste Buch jedem zu empfehlen, der sich mit Sarajevos Geschichte auseinandersetzen möchte.
Sachbuch
Sarajevo.
Die Geschichte einer Stadt
Holm Sundhaussen
Böhlau, 409 Seiten, 34,90 Euro