Zum Hauptinhalt springen

Super Bowl, die Drohnen und das Pferdefleisch

Von Georg Friesenbichler

Kommentare
0

In den USA zeigt die Regierung ein widersprüchliches Verhalten gegenüber Waffengewalt. Ein Potpourri von Peinlichkeiten und Zynismen dieses Monats.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Noch peinlicher als die Eröffnung der Ski-WM in Schladming, die ganz vom Geist eines dörflichen Fremdenverkehrsvereins geprägt schien, war der Beginn eines Sportereignisses tags zuvor, das die US-Amerikaner in der ihnen eigenen Bescheidenheit gleichfalls eine Weltmeisterschaft nennen, auch wenn es nur um American Football geht: Vor dem Beginn des Super Bowl durfte zusammen mit der Popsängerin Jennifer Hudson der Kinderchor jener Schule in Newtown auftreten, an der im Dezember 20 Schüler und sechs Lehrer durch einen Amokschützen starben. Mancherorts wurde die Show als Zeichen gegen Waffengewalt aufgefasst, wurden doch auch Hudsons Mutter, Bruder und Neffe ermordet. Aber dass Chor und Sängerin ausgerechnet "America the beautiful", inoffizielle US-Hymne neben dem offiziellen "Star bangled banner", intonierten, mutet in europäischen Ohren doch einigermaßen zynisch an.

Immerhin verzichtete, als zur gleichen Zeit ein Vietnamveteran einen Fünfjährigen als Geisel nahm, die Waffenlobby NRA auf die übliche Stellungnahme. Die hätte wohl gelautet, dass das an Asperger-Syndrom leidende Kind nur selbst eine Waffe hätte besitzen müssen, um sich zu wehren. Und immerhin will Präsident Obama ja jetzt seine Landsleute sanft zu Waffengesetzen überreden, die Privatpersonen zumindest Sturmgewehre verbieten.

An anderer Stelle ist der Präsident weniger heikel. Hatte sein Vorgänger George W. Bush noch stärker auf Verschleppung und Folter gesetzt, wenn es gegen Terroristen ging, lässt der Friedensnobelpreisträger die angeblichen Übeltäter gleich umbringen. Zu diesem Zweck wurde unter seiner Regentschaft der Einsatz von unbemannten Flugkörpern, genannt Drohnen, gehörig ausgeweitet. In Pakistan, in Afghanistan und im Jemen starben dadurch neben Taliban-Führern auch jede Menge Zivilisten, was den Gotteskriegern wiederum neue Anhänger zutreibt. Noch dazu schweben die luftigen Hinrichtungen im rechtlichen Vakuum. Der US-Kongress regt sich allerdings vor allem über die Geheimhaltung der Einsätze auf und darüber, dass auch US-Bürger ohne vorheriges Gerichtsurteil getötet werden können.

Die relative Zurückhaltung der Politiker erklärt sich durch den schönen Vorteil, dass erstens eine solche Drohne viel billiger kommt als ein Kampfjet, wie ihn die Israelis meist für ihre "gezielten Tötungen" benutzen, und dass zweitens kein US-Soldat zu Schaden kommt. Denn die meisten Drohnen-Piloten sitzen in den fernen USA in klimatisierten Räumen vor einem Monitor und steuern ihre fliegenden Todeszellen mit einem Joystick. Aber auch wenn sie nie in Gefahr geraten, sollen sie doch nicht auf eine Auszeichnung verzichten. Die Regierung hat für sie eine Medaille für "herausragende Kriegsführung" eingeführt. Auch ein bissl zynisch, oder?

Übrigens rückt in den USA sogar eine zivile Nutzung von Drohnen zu Überwachungsaufgaben näher. Und in Europa überlegt man, Drohnen der Polizei mit (nicht tödlichen) Waffen auszurüsten. Kontrolle aus der Luft scheint eben einfacher zu sein als die Nachverfolgung von Pferdefleisch quer durch die EU.