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Abseits der horriblen Management-Entscheidungen bei Nokia darf bei der Auflistung der "Scheitern als Programm"-Festspiele die EU nicht fehlen. 2009 erklärte die damals dafür zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding, dass die Forschung in den Informations- und Kommunikationstechnologien ausgebaut werde. Ziel: den Rückstand zu den USA, China und Japan aufzuholen. Ironisch betrachtet muss man sagen, das Scheitern-Programm war ein voller Erfolg. Der Rückstand wurde größer, mittlerweile ist auch Südkorea (Samsung) an Europa vorbeigezogen.
Der letzte Handyhersteller Europas von Rang wird künftig von Redmont aus geleitet, dem Sitz von Microsoft. Doch das ist beileibe nicht alles, was die EU-Strategie in den vergangenen vier Jahren bewirkte: Der zum Netzausrüster geschrumpfte schwedische Konzern Ericsson kämpft mit sinkenden Ertragszahlen. Die Japaner zeigten dem Unternehmen mit der Yen-Abwertung, wo der Bartl den Most holt. Alcatel-Lucent muss tausende Arbeitsplätze abbauen und sucht verzweifelt seinen Platz in dieser Industrie. In der Zwischenzeit fährt der chinesische Konkurrent Huawei allen um die Ohren.
Die beiden größten Telekom-Betreiber Europas, Vodafone und Telefonica, sind Übernahmeziele von US-Branchengrößen geworden.
Europa ist der kaufkräftigste Kommunikationsmarkt der Welt, aber auch willenlos. Das Geschäft machen Amerikaner, Koreaner, Chinesen nach Belieben. Als der chinesische Computerhersteller Lenovo die PC-Sparte von IBM übernahm, war eine Genehmigung der US-Regierung dafür notwendig. Niemand kennt die Kompromisse, die Lenovo dabei eingehen musste. Als Europäer am chinesischen Telekom-Markt Fuß zu fassen ist vermutlich schwieriger, als die Raumstation ISS von außen zu reparieren.
Gegen Managementfehler wie bei Nokia kann auch eine EU nicht ankämpfen, doch Augenhöhe mit den anderen Wirtschaftsblöcken dürfen sich die europäischen Bürger (und vor allem die Beschäftigten in diesen Unternehmen) erwarten. Microsoft kauft Nokia, ohne eine europäische Behörde fragen zu müssen, und verkauft seine Computer-Systeme in Europa ohne Probleme.
Eine desaströse Industriepolitik und keinerlei Gegenwehr beim Abwandern von Know-how, das ist der Arbeitsnachweis dieser Kommission. Für die Industrie ist es gut, dass 2014 eine andere kommt. Schlimmer kann es kaum werden.