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Superethanol ist Mangelware

Von Dieter Friedl

Wirtschaft

Ethanolmarkt ist aus dem Lot geraten. | Neues Agranawerk in Pischelsdorf leidet. | Wien. Österreich kommt bei der Einführung klimaschonender Treibstoffe nicht vom Fleck. Gestern, Montag, öffnete die vierte heimische Superethanol-Tankstelle ihre Pforten. Derzeit gibt es hierzulande lediglich 40 für das Treibstoffgemisch E85 (85 Prozent aus Biomasse erzeugtes Ethanol, 15 Prozent Benzin) zugelassene Fahrzeuge. Zur Verfügung stehen momentan zwei Tankstellen in Wien, eine in Graz und eine im niederösterreichischen Neulengbach. Viele dürften bis Jahresende auch nicht mehr dazukommen.


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Damit ist man von den ursprünglich geplanten 30 Abgabestellen weit entfernt. Selbst jene, die umsteigen wollen, werden sich nicht viel Geld ersparen können, denn Superethanol kostet derzeit zwischen 93 und 96 Cent, was ungefähr 22 Prozent billiger als Superbenzin ist. Allerdings muss der Autofahrer aufgrund des geringeren Energiegehalts dieses Treibstoffes mit einem Mehrverbrauch von etwa 20 Prozent rechnen. Um einen entsprechenden Anreiz zu bieten, müsste Superethanol daher um zumindest 25 Prozent billiger sein als Superbenzin.

Teure Rohstoffe

Derzeit stehen überhaupt nur zwei Ölkonzerne hinter der mit großem politischen Pomp angekündigten "Ethanol-Offensive", nämlich OMV und Genol. Alle anderen Konzerne lehnen diesen Treibstoff vorerst ab. Generell haben Ethanol-Erzeuger zur Zeit nichts zu lachen. 50 Prozent der Erzeugungskosten entfallen auf den Rohstoff (vor allem Weizen, aber auch Mais und Zuckerrübe). Die Weizenpreise haben Rekordwerte erreicht (derzeit rund 250 Euro pro Tonne), die Preise für Ethanol sind dagegen im Keller, trotz der hohen Ölnotierungen. Dieses Phänomen ist darauf zurückzuführen, dass für den Weltmarktpreis von Ethanol die Zuckernotierung maßgebend ist, die einen Tiefstand erreicht hat. Dazu kommt noch, dass Brasilien als großer Ethanolproduzent mit Kampfpreisen versucht, den europäischen Markt aufzurollen. Am EU-Markt gibt es aber schon jetzt Überkapazitäten, in den nächsten Jahren werden sich diese noch verdoppeln. Konsequenz: Zwei große europäische Erzeuger haben vorerst einmal ihre Pforten geschlossen.

Bald mehr Anbaufläche

In diesem Umfeld muss nun die neue Ethanolfabrik des Agrana-Konzerns in Pischelsdorf agieren. Seit Anfang Oktober läuft der Probebetrieb, Mitte November werden dann die Anlagen abgestellt. Agrana-Chef Johann Marihart zur "Wiener Zeitung": "Wir hoffen, im April wieder aufsperren zu können". Das Werk braucht einen Weizenpreis von etwa 200 Euro, um kostendeckend arbeiten zu können.

Die EU hat zwar grünes Licht für den Getreideanbau auf Brachflächen gegeben, das vermehrte Angebot wird aber erst im nächsten Sommer zur Verfügung stehen. Die NÖ-Landwirtschaftskammer rechnet in Österreich mit 50.000 ha zusätzlicher Fläche. Ob deshalb bereits im Frühjahr die Weizenpreise gesunken sein werden, bleibt abzuwarten.