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Supermärkte im Osten verlieren nicht an Reiz

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Handelsketten stehen trotz allem auf Osteuropa. | Baumax, Kika & Co. expandieren in rasantem Tempo. | XXXLutz und Hofer kommen auf den Geschmack. | Wien. Es ist schon ein Riesenpech, wenn der Zukunftsmarkt, auf den man alle Hoffnungen gesetzt hat, in eine schlimme Krise rasselt. Richtig unerfreulich wird es, wenn noch dazu ein Joint-Venture-Partner, mit dem man ohnehin unentwegt gestritten hat, plötzlich eine Pleite baut.


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Die Rewe Group Austria, die mit der Marke Billa in Zentral- und Osteuropa seit Anfang der Neunziger eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte geschrieben hat, muss gerade mit diesen Widerständen fertig werden. Die alarmierende Flaute

im osteuropäischen Raum scheint ihr aber ebenso wenig den Appetit auf die Expansion zu verderben wie die Insolvenz der Österreich-Tochter ihres Moskauer Partners, der Marta Holding von Georgy Trefilov.

Rewe-Austria-Boss Frank Hensel und sein für den Osten zuständiger Vorstandskollege Lionel Souque, die auf eine beachtliche Marktposition in acht Ostländern (und obendrein in Italien) stolz sein können, rücken trotz Negativmeldungen aus dem Osten keinen Millimeter von ihrer Strategie ab.

Die rund 500 Filialen mit etwa 18.000 Mitarbeitern, die von Tschechien bis Bulgarien und von Rumänien bis Russland die Marke Billa repräsentieren, sorgten in den vergangenen Jahren zumeist für zweistellige Zuwachsraten (2007 betrug das Umsatzplus etwa 24 Prozent).

Am besten lief es bislang in Tschechien, wo Billa vor zwei Jahren durch die Übernahme von 97 Delvita-Märkten die Umsatz-, Filial- und Mitarbeiterzahlen sowie den Marktanteil gleich verdoppeln konnte.

Russland wiederum, wo das Unternehmen 2004 gestartet ist, war für Billa von Anfang an stets "einer der attraktivsten Märkte in Osteuropa". Mit einem imposanten Investitionsvolumen wurde, bei nicht unerheblichen Markteintrittskosten, die Position konsequent ausgebaut. Ein unerquicklicher Konflikt mit dem dortigen Joint-Venture-Partner endete zwar mit einer Strafanzeige wegen Urkundenfälschung, was aber nichts daran ändert, dass die zum deutschen Rewe-Konzern gehörende Firma nach wie vor höchstes Interesse an den osteuropäischen Märkten zeigt.

Während sich Österreichs Banken, die im Osten ebenfalls voll Gas gegeben haben, nun etwas einbremsen - Raiffeisen International beispielsweise baut in Ungarn, der Ukraine und der Slowakei 2200 Jobs ab, und die Bank Austria weigert sich derzeit, weitere Filialen zu eröffnen -, bleiben speziell die Handelsfirmen am Drücker. Auf Grund der Krise kam es in den meisten Märkten zu erheblichen Rückgängen bei den Arbeitskosten, Mieten und Baumaterialien, obendrein sind die Preise für Akquisitionen stark gesunken.

Eine geradezu ideale Ausgangsposition für österreichische Investoren, um sich auf den mittelfristig immer noch sehr attraktiven Märkten verstärkt zu engagieren. Eine kürzlich vorgestellte Studie der RZB belegt die unverändert positiven Zukunftserwartungen, die führende österreichische Unternehmen mit dem Osten verbinden.

Speziell die Pioniere, die schon längst vor Ort präsent sind - darunter Baumax, Kika oder Spar, aber auch Palmers, Leder & Schuh/Humanic, dm, Obi oder Henkel CEE -, beobachten die Lage zwar kritisch, zeigen sich letztlich aber unerschrocken.

Baumax in Tschechien und Rumänien

Baumax-Chef Martin Essl ist hiefür ein Paradebeispiel: Er hat am 17. März in Csepel seinen 17. ungarischen Baumarkt mit einer Verkaufsfläche von 11.000 Quadratmetern eröffnet.

Erst im Februar hatte er im ungarischen Miskolc eine weitere Außenstelle eingeweiht. Sein Unternehmen betreibt, abgesehen von 67 Filialen in Österreich, in sieben zentral- und südosteuropäischen Ländern 70 Filialen.

Im Jahr 2008 konnte Baumax den Gesamtumsatz um 12,5 Prozent auf 1,42 Milliarden Euro steigern. Die CEE-Länder, deren Umsatzanteil 56 Prozent beträgt, brachten es sogar auf 22 Prozent Plus. Der höchste Zuwachs gelang mit 117 Prozent den sieben rumänischen Baumax-Märkten.

Im Vorjahr, als sich die Krise bereits allmählich abzeichnete, wurden unter anderem das Projekt "Prag IX", die dritte Niederlassung in der tschechischen Hauptstadt, zwei slowakische Baumärkte in Prievizda und Trnava, zwei kroatische in Split und Zadar sowie einer im ungarischen Györ fertig gestellt.

Letzterer ist mit 11.600 Quadratmetern doppelt so groß wie die bisherige Baumax-Filiale und beschäftigt 70 Mitarbeiter. In Rumänien hat das Korneuburger Familienunternehmen in den Städten Suceava und Bacau zugeschlagen, und in Bulgarien feierte es mit zwei Märkten Premiere.

Martin Essl will unbedingt an seiner "Vorwärts-Strategie" festhalten - allerdings sehr selektiv, wie er am Montag betonte. Er beabsichtigt, heuer im In- und Ausland zehn Baumärkte aufzusperren und die Verkaufsflächen von derzeit 922.000 um weitere 100.000 Quadratmeter auszuweiten.

Allein in Rumänien sollen heuer fünf Standorte dazukommen. Den Schritt in die Ukraine wagt die Kette heuer allerdings nicht.

XXXLutz und Hofer sind am Sprung

Ein ähnliches Tempo legen die Kika/Leiner-Bosse Herbert und Paul Koch vor. Die Möbelkette Kika mit derzeit insgesamt 33 Einrichtungshäusern hat im April vorigen Jahres in Debrecen ihren siebenten ungarischen Standort eröffnet.

Im Juni startete in Kosice das größte Möbelhaus der Ostslowakei, und im Dezember schlug Kika gleich zwei Mal zu: In Bukarest sperrte die Firma ihren ersten rumänischen Möbeltempel auf, und in der kroatischen Stadt Slavonski Brod wurde der erste Cash & Carry-Markt ins Rennen geschickt.

Im Jahr 2007 expandierte das Unternehmen in Brünn und Pilsen. In den fünf bearbeiteten Ostländern stehen derzeit 16 Niederlassungen parat - weitere werden folgen.

Im Schlepptau von Kika ist auch Konkurrent XXXLutz auf den Geschmack gekommen, der mit seinen Möbelix-Diskontmärkten in Osteuropa groß einsteigen möchte.

Spar Österreich ist dagegen schon seit Anfang der Neunzigerjahre, als sich die Sättigung des österreichischen Marktes abzeichnete, im Osten engagiert.

Die in der Schweiz beheimatete Tochter Aspiag (Austria Spar International AG) konzentriert sich, abgesehen von Italien, auf Ungarn, Slowenien, Tschechien und Kroatien. Sie setzte dort 2008 insgesamt 2,7 Milliarden Euro um, was gegenüber dem Jahr zuvor einem Plus von 12 Prozent entspricht. Im Inland erlöste die Spar-Organisation, inklusive der selbstständigen Spar-Kaufleute, 4,8 Milliarden Euro. Nicht eingerechnet sind die 19 Shopping Center im In- und Ausland, die 2,13 Milliarden Euro Umsatz einspielen.

In Slowenien ist Spar mit einem Marktanteil von 20 Prozent die Nummer zwei, in Ungarn liegt das Unternehmen auf Rang vier.

Kroatien steht erst seit 2005 auf dem Programm, als der erste Hypermarkt in Zadar eröffnet wurde. Erst kürzlich übernahm Spar die vier kroatischen Standorte der italienischen Handelsgruppe Ipercoop, mit der sie ein 50:50-Joint Venture unterhält. Die Verluste in Kroatien sind zwar noch ansehnlich, die jährlichen Umsatzzuwächse aber nicht minder.

So wie Spar und Billa hat auch der zur deutschen Unternehmensgruppe Aldi Süd gehörende Lebensmitteldiskonter Hofer Appetit auf das Ostgeschäft bekommen. Der Diskonter ist in Österreich mit 420 Filialen präsent. Er macht sich nun schrittweise in Slowenien und Ungarn bemerkbar und begnügt sich hier vorerst mit rund hundert Filialen - die Expansion soll aber kontinuierlich vorangetrieben werden.

Heute: **Ost-Präsenz

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