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Superschnell und superbillig?

Von Alexander Maurer

Politik

Die Stadt will einen flächendeckenden Glasfaserausbau vorantreiben, ohne selbst Geld für eigene Leitungen auszugeben.


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Wien. In Bratislava bekommt man leichter Glasfaser-Internet als in Wien. Das mag auf den ersten Blick verwunderlich wirken, im internationalen Vergleich hinkt Österreich beim Ausbau der Leitungstechnologie der Zukunft weit hinterher. Die Stadt setzt daher auf den flächendeckenden Glasfaserausbau, will dafür selbst aber kein Geld ausgeben, sondern unterstützend agieren.

Lediglich 1,6 Prozent aller stationären Breitbandanschlüsse sind Glasfaserleitungen. Damit ist die Alpenrepublik beinahe Schlusslicht. Nur Irland, Belgien und Griechenland sind in Europa schwächer "verglasfasert". In der Slowakei liegt der Anteil bei 28,6 Prozent, EU-Spitzenreiter ist Lettland mit 62,7 Prozent.

Die Stadt setzt daher im Zuge ihrer digitalen Strategie für Wien neben digitalen Services, Bürgerbeteiligung und Amtsleistungen auf den flächendeckenden Ausbau eines Glasfasernetzes. Denn ohne eine entsprechende Breitbandstruktur als "Nervensystem" einer digitalen Stadt könnten auch keine anderen Serviceleistungen angeboten werden, betont Ulrike Huemer, städtische IT-Chefstrategin.

"Mit Informationstechnologien wird in Wien das Vierfache an Wertschöpfung generiert, das der Tourismus einbringt", betont sie weiters. Wien geht aber trotz Glasfasermangel nicht am digitalen Krückstock. Zieht man die Schätzungen der Regulierungsbehörde RTR heran, steht derzeit 94,5 Prozent der Wiener Breitbandinternet zur Verfügung. "Dabei rechnet die RTR aber mit einer Downloadgeschwindigkeit von 30 Megabit pro Sekunde", erklärt Josef Dirmüller, Breitbandkoordinator der Stadt, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Für Normalverbraucher würde dies mitunter reichen. Zum Vergleich: Der Streamingdienst Netflix empfiehlt für das Ansehen von Filmen in HD-Qualität eine Geschwindigkeit von 5 Megabit pro Sekunde. Für Online-Gaming auf den Konsolen des PC-Riesen Microsoft werden mindestens 1,5 Megabit pro Sekunde benötigt.

Besseres Internet innerhalbdes Gürtels

Das sollte sich doch mit 30 Megabit locker ausgehen? Wohlgemerkt gelten diese Richtwerte aber jeweils nur für einen Nutzer. Hängen mehrere Endverbraucher an einer Leitung, beispielsweise in einem Wohnhaus oder auch nur in einer WG, kommen aktuelle Kupferleitungen schnell an ihre Grenzen. Industriebetriebe, die mitunter stark auf Informationstechnologien setzen, benötigen ohnehin viel höhere Datenraten als Privatnutzer. Hier besteht laut Dirmüller vor allem außerhalb des Gürtels und in den Industriezentren starker Nachholbedarf, was die Netzversorgung angeht. "Mann muss aber auch bedenken, dass überall, wo mehrere Leitungen verlaufen, beispielsweise in Wohnhäusern, auch eine bessere Verbindung erzielt werden kann", fügt er an.

Nachbar Deutschland steht übrigens mit 1,8 Prozent Glasfaseranteil auch nicht besser da. "Das liegt aber vor allem daran, dass bisher sehr gute Kupferkabelnetze verfügbar waren. In Bratislava beispielsweise gab es früher kaum Infrastruktur, aber da wurde beim Neubau gleich stärker auf Glasfaser gesetzt", gibt Josef Dirmüller zu bedenken.

Der Stadt schweben hehre Ziele vor, was die Belastbarkeit und Geschwindigkeit des flächendeckenden Breitbandnetzes angeht. Bis 2020 sollen im Schnitt 100 Megabit pro Sekunde an Downloadraten erreicht werden, wobei die Uploadgeschwindigkeiten aber geringer sein werden, beispielsweise wenn man Dateien in einen Cloudspeicher lädt oder Videos auf die Plattform YouTube stellt. Bis 2035 soll dann auch die Uploadgeschwindigkeit gleichziehen und danach werden bereits Datenraten im Gigabitbereich angestrebt, sagt Dirmüller.

Grabungsarbeiten sind dasTeuerste am Breitbandausbau

Die Stadt Wien will kein Geld in die Hand nehmen, um selbst Glasfaserleitungen zu verlegen. Man setzt vielmehr auf Kommunikation. "Die größten Kosten für Netzausbau entstehen bei den Grabungen für die Leitungen. Wir stellen allen Anbietern die Informationen zur Verfügung, wann und wo in der Stadt Tiefbauarbeiten durchgeführt werden. Sie können dann gleich ihre Leitungen mitverlegen", erklärt Dirmüller. Außerdem schreibt die Wiener Bauordnung seit Jahresbeginn vor, dass bei Neubauten und Generalsanierungen zumindest Kabelführungen zu den Häusern und in einzelne Wohnungen verlegt werden müssen. So kann im Bedarfsfall eine Glasfaserleitung eingeschoben werden. Wiens Breitbandkoordinator schwebt auch ein Atlas vor, in dem Anbieter und Leitungsarten für Gebäude eingetragen sind. "Das wäre auch für die Endnutzer eine gute Orientierungshilfe, klappt aber natürlich nur, wenn die Anbieter ihre Daten zu Glasfaser zur Verfügung stellen, die uns fehlen", sagt Dirmüller. In Wien bauen derzeit vor allem A1 und der private Anbieter UPC ihre Glasfasernetze aus. Während UPC Haushalte direkt ankoppelt, setzt A1 auf Hybridtechnologie. Hierbei werden Glasfaserhauptleitungen bis zu Verteilerboxen gelegt, über die dann einzelne Haushalte mittels herkömmlicher Kupferleitungen angeschlossen werden. Damit können Verbindungsgeschwindigkeiten von um die 100 Megabit pro Sekunde erreicht werden. Für Dirmüller stellt das jedoch nur eine Übergangslösung dar.

Der Ausbau des Glasfasernetzes wird auch als Grundstock für die Etablierung des neuen Mobilfunkstandards 5G angesehen. Der Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber, zu dem alle privaten österreichischen Anbieter wie Drei, T-Mobile oder UPC gehören, fordert dafür die Reduktion von Bürokratie und Regulierung. Auch das Modell eines offenen Netzes wird diskutiert, das die Betreiber verschiedenen Dienstleistern zur Verfügung stehen. Dieser Zusammenschluss eigens finanzierter Ausbauten zu einem gemeinsamen Netz liege aber an den Betreibern, sagt Dirmüller. Denn was mit Geld aus der Breitbandmilliarde gebaut werde, müsse zur freien Nutzung zur Verfügung stehen, fügt er an.